Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 639
(PDF, 129 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0639
Für unser heutiges Menschenbild ist der Beitrag der Psychotherapie von
entscheidender Bedeutung. Das psychotherapeutische Verstehensmodell
der Sucht hat das moralische Verstehensmodell abgelöst. Wurde früher
das Suchtverhalten als Auswirkung und Manifestation charakterlicher
Schwäche betrachtet, so geht es jetzt unter psychotherapeutischem Gesichtspunkt
darum, unter Zuhilfenahme unterschiedlicher Theoriesysteme
das Suchtverhalten in seinem biographischen und psychosozialen Zusammenhang
zu verstehen und daraus entsprechende therapeutische Interventionen
abzuleiten.

Der Wechsel vom moralischen zum psychotherapeutischen Verstehensmodell
hat es den Helfern ermöglicht, ihre Dienstleistung als therapeutische
Arbeit zu definieren, und sie hat es den Betroffenen ermöglicht, die Rolle
des dem Laster Verfallenen mit der des Kranken zu vertauschen. Die Konsequenz
aus diesem veränderten Ansatz führte zur Anerkennung der Sucht
als Krankheit im Urteil des Bundessozialgerichts von 1968 und schließlich
zur Sucht-Vereinbarung von 1978, die die Arbeit der Fachkliniken auf eine
klare Basis stellte.

Früher wurde die Arbeit der Heilstätte gesehen als Kampf gegen den Alkohol
; heute sehen wir unsere Arbeit als Kampf für den Menschen, der sich
aus der Abhängigkeit befreien und zu einer selbstverantwortlichen und befriedigenden
Lebensführung in einer pluralistischen Gesellschaft kommen
will. Indem die verschiedenen Bereiche der Fachklinik zusammenarbeiten,
versuchen wir, den Patienten auf diesem Weg im Sinne einer ganzheitlichen
Rehabilitation zu unterstützen.

Wir geben Rat, Anstöße, Anregungen für eine alternative Art zu leben . . .
seinen Weg wählen und gehen wird der Patient selbst.

In der Einstellung den Menschen gegenüber, die hier Hilfe suchen, wird es
nie eine absolute und letztgültige Sicherheit geben. Es gibt viele offene
Fragen, die uns in der Zusammenarbeit beschäftigen: Wieviel Freiraum ist
möglich, wieviel Kontrolle ist unerläßlich? Wie können wir die Selbstverantwortung
und Autonomie des Patienten fördern? Wie ertragen wir Mitarbeiter
es, wenn der Patient nicht so will, wie wir's für richtig halten? Wie
schaffen wir es, daß nicht nur die Sucht im Blickfeld ist, sondern das Leben
, das gelebt werden will?

Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, finanzielle Notlagen, familiäre Probleme
setzen einer Veränderung Grenzen. Wie lassen sich für den einzelnen Voraussetzungen
schaffen, daß sich die Abstinenz für ihn lohnt?

639


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1999/0639