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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
79. Jahresband.1999
Seite: 652
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Straße. Ein todesmutiges Wagstück war es, den Zug nach Kopenhagen in
unmittelbarer Nähe der SS unter Umgehung der Sperre zu besteigen.

Der ehemalige Schüler des Realgymnasiums Triberg, Dr. Herbert Brog-
hammer, wurde mit einigen wenigen Schulkameraden für den Himmlerzug
abgestellt. Betreuer war ein SS-Offizier. Nur mit größter Angst betraten die
Jungen den Zug, sie wußten, wer Himmler war und über welche Macht er
verfügte. Sie erhielten einen Ausweis, der sie zum Betreten des Zuges berechtigte
. Unter Androhung schärfster Strafen für das Ausplaudern irgendwelcher
Kenntnisse, wofür ein Revers zu unterschreiben war, der zum
Stillschweigen verpflichtete, waren - jeweils nachmittags vier Stunden
lang - Einträge in Bücher zu machen, „büromäßig" einlaufende Nachrichten
von der Westfront zu sortieren, mit Fähnchen auf Landkarten den neuesten
Stand der Front abzustecken und Botengänge zu tätigen. Der Umgangston
war korrekt, Belästigungen kamen nicht vor. Sekretärinnen servierten
gelegentlich Kaffee, von den Offizieren bekamen sie etwas zu essen
, auch zum Mitnehmen. Rege Verbindungen gab es zum Hotel Wehrle,
die Jungen bemerkten, daß Ordonnanzen dorthin beordert wurden und Telefongespräche
geführt wurden. Was dann die Diktatur allerdings nicht
verhindern konnte, war, daß die Jungen sich durch die Falschmeldungen in
der Zeitung über die wahre Kriegssituation nicht mehr täuschen ließen.

Zum enormen technischen Aufwand, der betrieben wurde, kam noch eine
Station für Feldtelefone auf der Badinsel (worüber bisher noch niemand
berichtet hatte), an der Stelle des heutigen Parkhauses. Das Betreten der
Badinsel war verboten. Dort lag eine SS-Einheit.

Himmler selbst war im Zug nicht häufig zu sehen, Broghammer sah ihn
nur zweimal, als dieser in den Waggons Inspektionen durchführte. Er gab
den Jungen die Hand und stellte belanglose Fragen nach Alter, Schule, Eltern
usw. In den Lazaretten erschien Himmler nie, was Broghammer als
damaliger DRK-Mann mit aller Entschiedenheit behauptet. Sonstige Nazigrößen
sah er nicht.

Ein Triberger Junge im „Jungzug 4" des „Fähnleins 17 des Jungvolks" erinnert
sich, zum Bahnhof marschiert zu sein, „um recht anonym diesen Befehlszug
„anzusingen"! Ins Reich der Phantasie gehört, meint er heute, daß
sie damals Himmler und Keitel hinter einem Zugfenster gesehen hätten.
Nicht auf Phantasie beruht die Erinnerung eines damals noch kleinen Jungen
, der mit anderen auf der Treppe des Hotels Wehrle saß und mit ihnen
zusammen von Himmler, als dieser in Begleitung seines Stabs das Hotel
verließ, mit einer Reitgerte verjagt wurde. Dies scheint keine seiner Clownerien
gewesen zu sein, sondern es sei in ernster Stimmung geschehen.

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