Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
81. Jahresband.2001
Seite: 566
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„Maria - Johanna"

Film - Uraufführung im Lifa-Film6hea£er Offenburg

In festlichem Rahmen wurde im Lifa-Film-
theater in Ottenburg der im Döring-Filmverleih
erschienene Soto-Film „Maria-Johanna
" uraufgeführt. Diese Erstproduktion
der neuen Filmgesellschaft, deren Geldgeber
in Baden zuhause sind, stand unter der Regie
von Harry H a s s o, der bislang beim schwedischen
Film tätig war. Sein Film „Der Bastard"
wurde auf der Biennale ausgezeichnet.

Der im Plakat als „lebensnaher Heimatfilm
voll menschlicher Konflikte und ergreifender
Schicksale" bezeichnete Streifen wurde bei
Haslach, in Mühlenbach im Kinzigtal unter
der Mitwirkung von Filmlaien gedreht. Seine
Darsteller tragen auch die schöne Tracht des
Kinziglals. Man könnte, um so mehr, als es
auch ausgezeichnete Landschaftsaufnahmen
gibt, also versucht sein, von einer Art Schwarzwaldfilm
zu sprechen. Das ist aber nicht möglich
. Im Film selbst ist vom Ort des Geschehens
als einem „Irgendwo" die Rede und es scheint
uns für seinen Charakter als ein recht vortreffliches
Kriterium, wenn sich an dieses „Irgendwo
" die Worte anschließen „da, wo die
Menschen wie wilde Tiere leben." Nun, der
Schwarzwald scheint uns immerhin schon etwas
zivilisiert zu sein.

In seiner Milieuschilderung, mit seiner Halbdunkel
-Technik und in der realistischen Darstellung
krasser Szenen, die manchmal eben

Nach der Premiere zeigten sich die Darsteller

dem Publikum Von links nach rechts: Marianne
Probst. Luise Neumaier, Paula Braend.

Photo: Stober

noch die Grenze des Erträglichen erreicht,
lehnt sich der Film stark an das Vorbild der
Schwedenfilme an. Wo aber setzt, genau besehen
, der Schwedenfilm an? Doch wohl vielfach
bei einem Naturalismus, den wir glaubten
, längst überwunden zu haben. In diesem
Film ist mehr vom Hamsunschen, als vom
Wesen Hansjakobs spürbar. Sein Drehbuch
steckt voller psychologischer Unwahrschein-
lichkeiten. Es scheint bezeichnend, daß der
Fremde, der hier in das bislang unberührte
Leben der schüchternen, herben, in sich verkapselten
Maria einbricht, einen schwedischen
Namen trägt. Auch bei einer „Liebe auf den
ersten Blick" gibt es keine psychologischen
Sprünge. Es gibt auch wenig Verständnis dafür,
wenn ein andermal etwa Mutter und Tochter
ausgerechnet in ein Wildschweinloch stürzen.
Es bleibt daneben unerfindlich, warum sich
diese Menschen bei jeder Gelegenheit bekreuzigen
oder leiernde Gebete heruntersingen.

Ueber solchen Dingen darf jedoch auch nicht
das Positive des Films übersehen werden. Der
Wille zur verdichteten Szene, zu einer Gestaltung
ohne Verkitschung ist unverkennbar. Es
gibt, wir sagten das schon, schöne Landschaftsblicke
und auch recht eindrucksvolle Einzelszenen
. Mit zu den packendsten gehörten die
recht natürlich gedrehten Gruppenszenen mit
den Kinzigtälern und die der so echt spielenden
kleinen Mühlenbacherin Luise Neumaier
(wenn sie da beispielsweise zwischen
den kahlen Birkenstämmen einher irrt oder
für die Mutter betet). Die Rolle der Maria wird
von Marianne Probst, bei Anpassung an
die psychologischen Sprünge des Drehbuchs,
zuweilen voll tiefer Ergreifung gespielt, am
natürlichsten spricht sie als Mutter an. Episodischen
Charakter trägt die Rolle des Jan
durch Pera Alexander. Eine interessante
Charakterzeichnung, diesmal vom Tragischen
her, das eine neue Seite dieses beliebten
Schauspielers aufzeigt, bietet Beppo Brem
als Johann. Paula Braend gibt, sehr profiliert
gesehen, seine Frau Barbara. Eine eigenartige
, in manchem vorzüglich (wie bei diesem
gespenstisch anmutenden Tanz in der
Scheune), in manchem nicht ganz geglückte
Studie gibt Henry H a s s o als Bottier, einer
Figur von zwielichtener Anlage, die nicht
leicht darzustellen ist. Man sieht bei ihr nicht
klar durch. Oskar W a 1 d e.n spielt einen jungen
Ehemann, dem man einen schärferen Umriß
wünschte. Eine sehr sympathische Vev gibt
Anny Fuchs. Sehr wirkungsvoll ist die vom
Hohner-Orchester gespielte und von Rudolf
Würthner geschriebene Musik des Films,
die dem durch Kunstpausen akzentuierten
Streifen zuweilen eine schicksälige Einstimmung
gibt. Vor tragischen Szenen ertönen jeweils
dumpfe Paukenwirbel. Die Tonaufnahmen
wurden durch das Offenburger Radiohaus
K n o b 1 o c h gemacht. Der Film wird nun
seinen Weg auch in die anderen Lichtspielhäuser
der Bundesrepublik antreten. -is.

Offenburger Tageblatt, Weihnachten 1953


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