Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 157
(PDF, 145 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2002/0157
Ein Acherner im Elsass

157

Unternehmungen Derendingers mit großem Interesse. Im Jahre 1808 besuchte
er die neuen Anlagen und sprach nach dieser Besichtigung, die große
Bedeutung der Holzstangen bei der Aufzucht des Hopfens klar erkennend
, folgenden bemerkenswerten Satz aus: „Die Hopfenstangen müssen
genau so geehrt werden wie der Pflug des Feldes."

So kann es eigentlich auch nicht weiter verwundern, dass der Gebrauch
der Stangen in der Folgezeit geschützt wurde.

In diesem Zusammenhang erwähnt ein Prof. Mull eine ebenso amüsante
wie aufschlussreiche Begebenheit mit dem Inhalt nämlich, dass ein Stangendieb
dazu verurteilt wurde, an einem Sonntagmorgen mit einem solchen
Holz auf der Schulter durch die Gassen von Hagenau zu gehen, er
musste also quasi Spießruten laufen.

Wesentlich durch die Aktivitäten von Francois Ignace Derendinger be-
einflusst, erfolgte eine gewaltige Steigerung der neuen Kultur, es gab immer
mehr und neue Pflanzer und dadurch auch Arbeit und Verdienst in solchen
Bevölkerungsschichten, die bisher manchmal sogar unter dem Existenzminimum
leben, also mehr oder weniger darben mussten.

Insofern war die Äußerung von Baron von Schauenbourg, Ignace Derendinger
habe zu dieser Zeit, am Anfang des 19. Jahrhunderts, „die Umgebung
von Hagenau aus dem Elend herausgeholt", sicherlich berechtigt.

Dieser Baron war es übrigens auch gewesen, der dem damaligen Präfek-
ten vorgeschlagen hatte, Derendinger ob seiner Verdienste das Ritterkreuz
der Ehrenlegion zu verleihen, was letztendlich dann allerdings - aus welchen
Gründen auch immer - keine Verwirklichung finden konnte.

Interessant und aufschlussreich ist es auch zu verfolgen, wie sich der
Hopfenanbau im Elsass in den Jahrzehnten nach Francois Ignace Derendinger
weiterentwickelte:

„ Die Hopfenkultur hatte noch immer eine große Bedeutung, doch wurde
er zum größten Teil nicht mehr an Stangen, sondern an sogenannten
,Drahtmaschinen' angebaut. Zum Dörren hatten die zerlegbaren und die
ständig bleibenden Darren mit Koksfeuerung die Hürden zum größten Teil
ersetzt.

Die Ernte aber war noch wie früher. Von morgens bis tief in die Nacht
hinein waren die Alten wie die Jungen damit beschäftigt, wozu über Tag
noch die Zopfer aus den umliegenden Orten kamen. Mancher Fremde, der
zufällig durchs Dorf kam, hat den alten Volksliedern und Volksweisen gelauscht
, mit deren Gesang man sich am Tag die Zeit verkürzte und des
Nachts den Schlaf vertrieb.

Die Zehn- bis Vierzehnjährigen wurden immer wieder ermuntert mit dem
Hinweis auf das Messdigeld, manchmal aber auch mit der Hopfenrippe.

Endlich, nach drei bis vier Wochen, wurde der letzte Hopfenwagen eingefahren
, der mit einem Maien und mit Bändern und Blumen geziert war.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2002/0157