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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 284
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Gerhard Lötsch

kein Priester von seinem Platz weiche. Dafür haben sie eben auch Bischöfe
, die lediglich nach kirchlichen Gesichtspunkten die ihnen anvertraute
Herde weiden."56

Die dem Krieg folgende Not, Arbeits- und Hoffnungslosigkeit, der Zustrom
deutschstämmiger Ausgewiesener aus dem Elsass, überforderte Karl
Spitzers Kraft. Seine Gesundheit hielt den Anforderungen der großen Diasporagemeinde
nicht mehr stand. 1925 verließen er und seine Familie die
Stadt. Die evangelische Gemeinde lehnte einen von der Kirchenleitung zugewiesenen
Pfarrer ab und forderte die Einsetzung von Hans Koch. Er hatte
in seiner Zeit als Vikar vieler Menschen Herzen gewonnen und wurde
nach langem Tauziehen evangelischer Stadtpfarrer in Achern. In den anhebenden
weltanschaulichen Kämpfen bekannte er sich als „Deutscher
Christ". Mit Dr. Chrysostomus Huck, der doch politisch ganz anders dachte
, fand er ein gutes Einvernehmen. Als jener am 14. Oktober 1931 sein
25-jähriges Priesterjubiläum feierte und der Gemeinderat ihn zum Ehrenbürger
der Stadt Achern ernannte, würdigte die Presse „das gute harmonische
Verhältnis, das zwischen den beiden Konfessionen herrscht".57

Am 14. Oktober 1934 nahm Chrysostomus Huck Abschied von seiner
Gemeinde, blieb aber in Achern wohnen. Nach Hitlers Machtergreifung
überwachte ihn die Gestapo. In einem von ihr geöffneten Brief entdeckte
sie den Satz: „Wir tragen Maulkörbe zu unserem eigenen Schutz". Er
reichte aus, um am 22. Dezember 1937 Huck aufgrund des „Heimtückegesetzes
"58 zu drei Monaten Gefängnis zu verurteilen. Die Strafe wurde
ihm zwar durch eine Amnestie erlassen, doch der Gemeinderat erkannte
ihm am 22. Februar 1938 die Ehrenbürgerwürde ab. Bürgermeister Richard
Krämer59 teilte ihm mit: „Im Benehmen mit dem Bezirksamt und dem Beauftragten
der Partei und nach Anhörung der Ratsherren gebe ich Ihnen
hiervon Kenntnis und ersuche Sie, die Ihnen seinerzeit ausgehändigte Ehrenbürgerurkunde
zurückzugeben." Zum 80. Geburtstag am 21. Mai 1946
setzte der neue Gemeinderat den ehemaligen Stadtpfarrer wieder in seine
Ehrenbürgerwürde ein. Anlässlich seines Todes sprach die Presse von ihm
als „dem edlen Priester, dem anerkannten Wissenschaftler und unerschrockenen
Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit, dem treuen Sohn unserer
Heimat".60

1935 wurde Dr. Edmund Jehle Nachfolger von Dr. Chrysostomus
Huck.61 - Im selben Jahr kam Herbert Wettmann als Nachfolger Hans
Kochs in die von ideologischen Gegensätzen zerrissene Acherner evangelische
Gemeinde. Wettmann gehörte der „Bekennenden Kirche" an und war
entschiedener Gegner der Nationalsozialisten.62 Die Fronten verkehrten
sich; nun stand der katholische Geistliche Hitlers Bewegung positiv gegenüber
. In zunehmend kälter werdender Zeit gab es zwischen beiden Pfarrern
wenig Gemeinsames mehr. Christen beider Konfessionen aber fanden in
der Not des Krieges und der Nachkriegszeit näher zueinander. Herbert


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