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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 308
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Gerhard Lötsch

sie im Tagebuch fest: „Morgens um 8 Uhr verließen uns die Freunde - und
wir sind allein. So ist nun eine ernste Zeit für uns angetreten und wir harren
der Dinge, die da kommen sollen. Die erste Periode unseres hiesigen
Aufenthaltes ist nun zu Ende, und es scheint, als wolle alles neu werden.
Bleibe nur, DU Herr und Heiland, bei den Deinen, alsdann ertragen wir jeden
Wechsel."42

Regine Jolberg schloss sich der Gemeinde, oder zumindest einem „Teil
der Gemeinde", enger an. Abends kamen Frauen mit Spinnrädern in ihr
Häuschen. Der neue Pfarrer aber, Friedrich Heinrich Lammert,43 ein konvertierter
katholischer Priester, blieb ihr fremd. Er hatte wenig Verständnis
für die Kinderschule und gar keines für den darüber hinaus gehenden Plan
einer „Pflanzschule junger Lehrerinnen".

Regine Jolberg teilte ihre Gedanken Karl Mann mit, dem Herausgeber
des christlichen Wochenblatts „Das Reich Gottes" 44 Er veröffentlichte sie
am 18. und 25. Mai unter der Überschrift „Ein Wort der Liebe über Kleinkinderschulen
" und ergänzte sie am 4. August durch einen „Aufruf an das
Landvolk und seine Freunde". Am 8. Oktober 1844 wurde in Leutesheim
ein geeignetes Haus gekauft. Niemand fragte, ob das kleine Dorf der richtige
Ort sei für so hochfliegende Pläne. Am 15. November baten Fink, Mann und
andere Freunde Regine Jolbergs im „Reich Gottes" um „Beiträge für dieses
Unternehmen" und um „Anmeldung tauglicher Personen". Nirgendwo ist
davon die Rede, dass Regine Jolberg das Einvernehmen mit der Gemeinde
suchte. Wieder tritt der ihr eigentümliche Charakterzug hervor, ihre „fast
männliche Energie".45 Alles musste so geschehen, wie sie es wollte.

Karl Mann bewarb sich um die wieder frei gewordene Pfarrstelle in
Leutesheim. „Da ich nun für solche Kinderanstalten besondere Vorliebe
habe und vielleicht im Stande wäre, zum Gedeihen dieses Unternehmens
etwas beizutragen, so würde ich es sicher als eine besondere Gnade ansehen
, wenn bei der Besetzung dieser Stelle auf mich Rücksicht genommen
werden könnte."46 Am 29. Oktober 1845 übernahm er das Amt des Pfarrers
von Leutesheim, war aber weder willens noch fähig, in der Spur von
Ernst Fink zu vermitteln und auszugleichen. Für ihn gab es nur Gute oder
Böse. Die ursprünglich positive Haltung des Dorfes zu Regine Jolberg und
ihrem Werk veränderte sich zum Negativen und zwar „auffallend rasch" 47
Die Umstellung der Kinderschule in eine Lehranstalt führte zu Irritationen.
„Die Kinder schlössen sich nicht so leicht an die stets wechselnden Seelen
an, und dies machte uns vielen Kummer."48

Die nach der Hungersnot 1846 einsetzende radikale politische Opposition
gegen den Großherzog, fand in Karl Mann einen ebenso radikalen
Verteidiger hergebrachter Ordnung 49 Am 30. Dezember 1847 teilte Dekan
Dieffenbach dem Oberkirchenrat mit: „Was den Frieden der Gemeinde betrifft
, so ist er keineswegs so tief, als Mann zu glauben scheint, auch geschieht
vom Pfarramte Leutesheim manches, was eben nicht geeignet ist,


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