Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 454
(PDF, 145 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2002/0454
454

Uwe Schellinger

richtsprozesse einbrachte. Das vormalige allerorten bestaunte Faszinosum
Ludwig Kahn war, wie es Robert Meyer zehn Jahre zuvor angekündigt hatte
, in der Tat mittlerweile ein Fall für die Kriminalbehörden im damals auf
breiter Ebene verhandelten Gebiet „Okkultismus und Justiz" geworden.106
In den 1930er Jahren gab es schließlich niemanden mehr, der sich in positiver
Weise für Kahn aussprechen wollte. Sein Fall diente den in diesen
Jahren wortführenden Kritikern der Parapsychologie wie etwa Wilhelm
Gubisch oder Albert Hellwig dazu, sich gegenseitig in ihrem Kampf gegen
den wissenschaftlichen Okkultismus und vermeintliche Scharlatanerie zu
bestätigen.107 Auch die Biologin Fanny Moser (1871-1953), damals die
bedeutendste Forscherin auf diesem Feld, hatte den Fall Kahn anhand der
mehrfach publizierten Pariser Protokolle und der dazu erschienenen Publikationen
studiert und ihn der so genannten „Kryptoskopie" zugeordnet.108
Allerdings wollte sie in ihrem ebenso umfangreichen wie einflussreichen
Werk Der Okkultismus. Täuschung und Tatsachen (1935) die Künste Ludwig
Kahns wie diejenigen Bert Reeses eher der erstgenannten Kategorie
zurechnen. Sie hielt den Fall für „besonders lehrreich" für die Möglichkeiten
der Täuschung; denn hier habe sich die Gutgläubigkeit der Wissenschaftler
„am schlimmsten" gezeigt. Fanny Moser resümierte demzufolge:
„Vom Hellseher Kahn, wie von Reese und so vielen anderen, bleibt also
nichts - als die Harmlosigkeit der Experimentatoren! [...] Speziell im Fall
Kahn tritt die Schwäche so vieler, um nicht zu sagen aller, okkulten Untersuchungen
und die bedenkliche Argumentation ihrer Verteidiger in typischer
Weise zutage."109

Ein Emigrant und Lebensretter

Im Oktober 1932 hatte Kahn angegeben, von Frankreich aus nach England
reisen zu wollen. Da kaum aussagekräftige Quellen über die folgenden eineinhalb
Jahrzehnte im Leben Ludwig Kahns vorhanden sind, muss es an
dieser Stelle ungewiss bleiben, ob er die folgenden Jahre auf der britischen
Insel verbrachte oder ob er wieder nach Frankreich oder sogar nach
Deutschland zurückgekehrt ist. Es liegt lediglich ein Nachweis für eine
Reise nach Rom im Mai 1937 vor.110 1939 befand sich Kahn jedenfalls in
England. Nun allerdings als so genannter „Zivilinternierter" auf der Isle of
Man."1 Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 hatten
die Engländer alle deutschstämmigen Personen in den dortigen Lagern zu-
sammengefasst. Dies mag darauf hinweisen, dass Kahn zuvor in England
gelebt hatte. Möglich wäre aber auch eine kurz zuvor erfolgte Einreise aus
einem anderen Land wie etwa Frankreich.112

Einige Jahre später lebte das Ehepaar Kahn dann in Italien.113 Dort wurden
der Filou von einst und seine Frau unter ungewöhnlichen Umständen
zu stillen Helden des Zweiten Weltkrieges. Ludwig und Leontine Kahn


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2002/0454