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Ludwig Uibel
der alten Synagoge. Nach Ansicht der Bausachverständigen war das Gebäude
keineswegs baufällig. Mit relativ geringen Mitteln könne das Haus
in einen würdigen Zustand versetzt werden, der größeren Raumbedarf berücksichtige
. Das Gebäude solle beim Westteil um sechs Fuß erweitert
werden (d.h. der Giebel verschoben werden!), und die Einrichtung so getroffen
, dass sich statt der 50 Plätze künftig 120 Plätze ergäben. Auch für
die Schulkinder sind Plätze geplant. Für die Frauen werden statt 36 dann
60 Plätze zur Verfügung stehen.
In einer Gemeindeversammlung haben sich fast alle Erschienenen mit
dem Plan und Vorhaben einverstanden erklärt. Die geplante Erweiterung
und Verschönerung entspräche allen billigen Anforderungen ...
(Unterschriften: Herz Roos II, Abraham Roos, Seligmann Auerbacher).
Das Gesuch wurde am 20. Sept. 1867 vom Bezirksamt genehmigt. Nach
nur V4 Jahren (am 15. Juni 1868) konnte der Neubau schon als fertig gemeldet
werden. Der Bauführer war Bürgermeister Ludwig von Grauels-
baum. „Ludwig hat das Ganze nach Vollendung der Arbeit überprüft und
ist mit dem Ergebnis zufrieden." Bei einer also vorliegenden Selbstkontrolle
war wohl nichts anderes zu erwarten.
Auszug aus der Synagogenordnung der israelitischen Gemeinde
in Lichtenau
§ 4: Der Gottesdienstanzeiger. Er soll monatlich festgelegt und an der
Tafel angezeigt werden.
§ 5: Jeweils eine Viertelstunde vor bzw. nach dem Gottesdienst sind die
Türen zu öffnen bzw. zu schließen.
§ 6: Kinder, die noch keinen Religionsunterricht besuchen, sollen nicht
am Gottesdienst teilnehmen.
§ 7: Es ist anständige Kleidung erwünscht.
§ 8: Die Steuer- oder personalpflichtigen Gemeindeglieder sollen einen
schwarzen Hut aufsetzen.
§ 10: In der Synagoge ist alles Umhergehen verboten, desgleichen das
Grüßen, Schwätzen, Zwicken, Necken und Lachen. Wer Tabak kaut
wird aus der Synagoge verwiesen.
§ 11: Beim Küssen der Thora ist das laute Schmatzen zu vermeiden.
§ 14: Mitsingen nur mit dem Kinderchor.
§ 17: Das Gebet für den Landesherrn, sein erhabenes Haus und Vaterland
muss von jedermann stehend angehört werden.
§ 20: a. Die Synagogenordnung soll dem Bezirksamt in Kork zur Genehmigung
vorgelegt werden.
b. Sichtvermerk des Bezirksrabbiners von Bühl.
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