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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 498
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Ludwig Uibel

und schritt Mann um Mann zu den jüngeren fort, soweit die Zahl der Lose
reichte. Die nachfolgenden Namen der Liste bezeichnete die Anwärter.
Wenn der älteste Nutzer starb, übernahm der älteste Anwärter dessen Los.
Als Beispiel sei der Vater des Verfassers genannt, der im Alter von rund 40
Jahren das Los des gerade verstorbenen Matthias Bertsch, Lindenplatz,
übernahm.

Man kann sich leicht klarmachen, dass die Zuteilung im Mittel umso
später erfolgte, je mehr Anwärter warteten und dass aus demselben Grund
die Gesamtnutzungszeit kleiner wurde.

Man muss diesen Zuteilungsmodus kennen, um beurteilen zu können,
was es bedeutete, wenn hier ein Eingriff erfolgt. Eben das geschah, als den
israelitischen Mitbürgern der Bürgernutzen zuerkannt wurde. Bei 16 zusätzlichen
Anwärtern erhielt der, der auf den nächsten Sterbefall rechnete,
das Los nicht. Sondern alle Anwärter mussten mit einer mehrjährigen Zeitverschiebung
rechnen. Es muss deshalb damals (1828?), als sich die Zahl
der Anwärter sprunghaft erhöhte, eine ziemliche Unruhe unter den Jungbürgern
geherrscht haben. Durch diesen Eingriff in den Bürgernutzen änderte
sich auch der Charakter dieser Einrichtung. Bei seiner Einführung
setzte er eine rein bäuerlich tätige Gemeinde voraus. Er vereinigte Arbeitsplatz
und Produktion. Jetzt änderte sich sein Charakter hin zu einer reinen
Rendite, deren Spur möglicherweise nur noch aus einem Eintrag im Notizbuch
bestand.

Die Forderung nach gleichem Recht für alle Staatsbürger war zur Realisierung
überreif und konnte nicht weiter unterdrückt oder hinausgeschoben
werden. Nur dachte niemand an die Lichtenauer Jungbürger, die die wirtschaftlichen
Nachteile dieser Reform zu tragen hatten. Einen Lastenausgleich
aus der öffentlichen Kasse konnte sich der Staat nicht leisten. Dieser
lebte selbst von der Hand in den Mund und verkaufte in jener Zeit wertvolles
Staatsvermögen (Wald!), um über die Runde zu kommen.

Es ist deshalb kein Wunder, wenn, durch die Offenburger Volksversammlung
im März 1848 angeregt, dieses Problem unter den Lichtenauer
Bürgern wieder virulent wurde. Diese fühlten sich in ihrem politischen Be-
wusstsein gestärkt und glaubten sich berechtigt, die Neuregelung des Bürgernutzens
zu beseitigen, die in ihren Augen ein Unrecht war.

Wie sich die Geschehnisabfolge gestaltete, ergibt sich am Besten aus
dem Protokoll, das die beiden Synagogenräte Simon Roos I. und Simon
Roos II. am 25. Oktober 1849 beim Bezirksamt abgaben.

Protokoll:

„Am Tage nach der Offenburger Versammlung wurde ich zum Bezirksamt
gerufen und mir gesagt, daß ich als Vorsteher sehen soll, wie ich mit meiner
Gemeinde durchkomme ... Daß ich die Gunst der Bürger durch eine


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