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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 501
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2002/0501
Die israelitische Gemeinde in Lichtenau im 19. Jahrhundert

501

Das war ein Versuchsballon, der zu einer Entscheidung drängen wollte.

Noch im Herbst (am 30.9.1849) desselben Jahres drängte der Gemeinderat
(Stengel, Schneider, Billing, Lauppe) das Bezirksamt, es möge entscheiden
, da die Bürgeräcker angesät werden müssten.

Die Klärung der Rechtssituation nach dem Zusammenbruch der Revolution

Doch nach dem Zusammenbruch der Revolution und der Rückkehr des
Großherzogs im August 1849 war eine ganz andere politische Situation gegeben
. Die neue Regierung wirkte im Sinne der Wiederherstellung der vorrevolutionären
Verhältnisse.

Was zu erwarten war, trat ein: Der Lichtenauer Synagogenrat erhob gegen
den Lichtenauer Gemeinderat Beschwerde wegen der erzwungenen
Abtretung des Bürgernutzens. In der Beschwerde wurden die ganzen Geschehnisse
, die zur Abfassung des Verzichtvertrags geführt hatten, geschildert
und deutlich gemacht, dass der Vertrag nur unter politischem Druck
abgeschlossen wurde, um die Garantie der Sicherheit des Eigentums und
der Unverletzlichkeit der Person zu retten. Der Vertrag vom 7.4.1848 sei
erzwungen worden und soll für ungültig erklärt werden.

Das Bezirksamt nahm den Bericht der Synagogenräte Simon Roos I.
und Simon Roos II. als Verhandlungsgrundlage und stellte fest: „dass die
eingeschüchterten Mitglieder der Judengemeinde vor dem Ungestüm des
andrängenden Teils der Bürger, die in Vollversammlungen ihr Heil versuchten
und in der Unterdrückung ihrer Mitmenschen ihre Freiheit fanden,
als auf Unkosten derselben ihre Vermögensverhältnisse zu verbessern und
zu diesem Zweck physisch und moralisch gezwungen wurden. Beweise
dafür seien Mißhandlungen und Exzesse, welche damals von rohen Menschen
auch in Lichtenau verübt wurden. Der Bürgernutzen ist ein Teil des
Bürgerrechts und das ist ein Grundrecht, auf das man nicht verzichten
kann. Ein solcher Verzicht ist nicht rechtsgültig. Die Juden haben ein Recht
auf Schutz. Sie brauchen ihn nicht durch Verzicht erkaufen. "

Deshalb erkennt das Bezirksamt, „daß der Vertrag der Judengemeinde
vom 7. 4.1848 als gesetzwidrig aufgehoben wird".

Schon am 30. Sept. 1849 hatte der Gemeinderat eine Aufforderung der
israelitischen Gemeinde, „sich gütlich zu einigen", mit Hinhaltetaktik beantwortet
: Er befürchte den Zorn der Bürger, wenn er auf die Abtretung
des Bürgernutzens durch die Israeliten verzichte. Er hielt immer noch an
der Freiwilligkeitsthese fest.

Die Lichtenauer Bürger hatten noch einen Grund, mit der Regelung des
Bürgernutzens unzufrieden zu sein. Es gab nämlich in Baden in Bezug auf
diese Frage zweierlei Recht. Die einen Gemeinden hatten (wahrscheinlich
schon seit 1828) die israelischen Mitbürger als Teilhaber am Bürgernutzen.


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