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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 502
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Ludwig Uibel

In den anderen Gemeinden bestand diese Teilhaberschaft nicht. Erst im
Jahre 1872, also 44 Jahre später, waren sie durch Gesetz verpflichtet, auch
den Israeliten den Bürgernutzen zu gewähren. Die Rechtsgrundlage dafür
war der § 4 des Gesetzes vom 4. Okt. 1862: „Bis zum 1. Januar 1872 hängt
es vom Ermessen der Gemeinden ab, ob und unter welchen Voraussetzungen
sie den Israeliten den Bürgergenuß, soweit diese nicht schon jetzt Anteil
haben, zukommen lassen wollen. "

Der Gemeinderat wünschte, sich aus dieser Sache heraushalten zu können
. Das Bezirksamt möge in dieser Angelegenheit entscheiden. Der Gemeinderat
sah die Niederlage auf sich zukommen und versuchte vergebens,
ihr auszuweichen. Wie oben berichtet, hat das Amt dann auch entschieden.

Am 21. Nov. 1849 wurde in einer Gemeindeversammlung in Lichtenau
der oben genannte Bericht mit der Entscheidung des Bezirksamtes vorgelesen
und abgestimmt, ob die Gemeinde gegen diesen amtlichen Entscheid
in die Revision gehen wolle. Da nur 26 Bürger für eine Revision, 160 dagegen
waren, war die Verzichterklärung vom 7.4. 1848 annuliert. „Danach
wird der Gemeinderat den amtlichen Bescheid in Vollzug setzen und die
hiesigen Israeliten wieder in ihre Rechte einsetzen."

Damit war ein heikles Kapitel der Lichtenauer Ortsgeschichte abgeschlossen
. Wegen der Rolle des Bürgermeisters Stengel als einer Schlüsselfigur
der Vorgänge seien noch einige Überlegungen zu dessen Person
angestellt. Bürgermeister Stengel war ein Mann mit ganz ausgeprägtem eigenen
Willen. Vor seiner Amtszeit (1838-49) war er einige Zeit in den
USA gewesen und hatte sich dort eine gewisse Weltgewandtheit angeeignet
. Wahrscheinlich war er sich bei der ganzen Verzichtsaffäre über die juristische
Fragwürdigkeit der Sache im Klaren. Durch geschicktes Lavieren
verstand er es, seine Führungsrolle beizubehalten und trotzdem einer Entscheidung
auszuweichen. Da er noch 1849 wegen seiner republikanischen
Ansichten sein Amt verlassen musste, wanderte er einige Jahre später resigniert
zum zweiten Mal in die USA aus, wo er auch starb.10

So sind die Lichtenauer Bürger, die ein Stück „der guten, alten Zeit"
wieder restaurieren wollten, an der Restauration gescheitert, während ihre
israelitischen Mitbürger ihren bedrohten Glauben an die Gerechtigkeit wieder
gewannen.

Hauptlehrer Lazarus Lehmann

Über das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts lässt sich nach der Aktenlage
über die israelitische Gemeinde in Lichtenau nichts mehr berichten. Aber
nach der Familienüberlieferung und dem persönlichen Erleben des Verfassers
lebte in dieser Zeit in Lichtenau ein Mann von so bemerkenswertem
Format, dass hier über ihn berichtet werden soll. Es war der Hauptlehrer
und Vorsänger der israelitischen Gemeinde Lazarus Lehmann. Geboren


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