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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 524
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Uwe Schellinger

Ob hingegen Adelheid de Rothschild selbst jemals in Nordrach war, ist
bislang noch unbekannt. Die Stifterin hat sich jedoch zumindest jederzeit
finanziell verantwortlich für die Einrichtung gezeigt und „bis 1933 die laufenden
Fehlbeträge [...] immer wieder ersetzt."29

Zum Zeitpunkt der Einrichtung der Nordracher Lungenheilstätte -
Adelheid war damals 52 Jahre alt - hatten sie und ihr Mann sich schon auf
einem anderen Gebiet außerordentliche Verdienste erworben. Seit etwa
1882 hatte sich Edmond de Rothschild den Aufbau und die Unterstützung
jüdischer Siedlungen in Palästina zur Lebensaufgabe gemacht. Edmond lag
besonders das Schicksal der in diesen Jahren in ihrer Heimat verfolgten
und von dort vertriebenen russischen Juden am Herzen, denen er die Niederlassung
in Palästina ermöglichen wollte. Adelheid ihrerseits rief zu diesem
Zweck eine Unterstützungsgesellschaft jüdischer Frauen ins Leben.30 Fast
alle der in diesen Jahren von Einwanderern aus Osteuropa ins Leben gerufenen
Neugründungen wandten sich an Edmond de Rothschild, um von ihm
Unterstützung zu erhalten. Mit großem Engagement widmete er sich, mit
Hilfe seiner Frau, dieser Aufgabe. Neben dem Aufbau der Landwirtschaft,
war Edmond besonders die Einrichtung von sozialen, kulturellen und religiösen
Institutionen und Strukturen ein Anliegen. Er kümmerte sich bei diesem
Aufbauwerk selbst um die meisten Einzelheiten und wurde so zum
überall bekannten Wohltäter, zum verehrten „Vater des Yishuv".

1903 bestanden am Ende einer ersten Einwanderungswelle (Erste Aliya)
28 jüdische Siedlungen in Palästina, 19 davon waren von Baron Edmond
de Rothschild ganz oder teilweise finanziert worden.31 In den beiden Jahrzehnten
vor der Jahrhundertwende reisten er und seine Frau Adelheid
mehrfach ins Heilige Land, um die dortigen Entwicklungen direkt beobachten
zu können. Zehn Jahre nach ihrer Hochzeit war Adelheid offenbar
das erste Mal mit ihrem Mann in Palästina unterwegs, eine Reise, die De-
rek Wilson anschaulich beschreibt: „In Begleitung seiner Frau fuhr er [Edmond
de Rothschild, U.S.] bis Port Said auf der eigenen Jacht, dann zog er,
weniger auffällig, nach Jaffa, wobei er nicht überall dem Trubel entging,
den die Ankunft eines Rothschilds bewirkte. Schließlich folgte die holpernde
Fahrt in einem stickigen Wagen mit geschlossenen Fensterblenden,
dem die Dienerschaft in einem Respektabstand folgte, fünfzig Meilen weit
durch Staubwolken bis nach Jerusalem."32

Im Jahr 1900 hatte sich Edmond persönlich aus dieser umfangreichen
Arbeit zurückgezogen und die Geschäfte der von ihm eingesetzten Jewish
Colonization Association überlassen. Im Jahr 1925 führte die beiden Rothschilds
schließlich eine letzte Reise nach Palästina.

1934 starb Edmond de Rothschild. Schon ein Jahr danach, am 22. Juni
1935, verstarb Adelheid de Rothschild im Alter von 82 Jahren in Paris.33
Am Gebäude der von ihr gestifteten Nordracher Lungenheilanstalt wird
daraufhin die eingangs erwähnte Gedenktafel angebracht worden sein.


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