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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 531
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Der Beginn der Dampfschiffahrt auf dem Oberrhein und die Haltung der Freistetter Schiffahrtsgilde 531

an die man sich je erinnerte. Der „Seeländer" schaffte es mit Mühe bis
St. Goar. Weiter reichten seine Kräfte nicht, da durch das lehmige und harte
Rheinwasser sich reichlich Kesselstein angesetzt hatte. Die Dampferzeugung
hatte so stark abgenommen, dass die Schaufelräder nur 22 xh Umdrehungen
in der Minute machten anstatt 32. Man musste einen Tag Pause
einlegen, um die Röhren zu reinigen. Bei der Weiterfahrt umfuhr das
Schiff die Pfalz bei Caub und wandte sich dann wieder rheinabwärts
Koblenz zu. Sulpiz Boisseree war mit von der Partie und schrieb seinem
Bruder Melchior in einem begeisterten Brief: „Der Steuermann, ein tüchtiger
Kerl, Urban von Köln, setzte was darein, so nahe als möglich am Ufer
zu fahren, und weil der Fluß überall ausgetreten war, so kamen wir ganz
dicht bei den Häusern und Gartenmauern vorbei, und konnten den Menschen
genauer ins Gesicht sehen als sonst jemals. "5

In Koblenz lenkte der Steuermann den „Seeländer" in die Moselmündung
bis zur Brücke. Von dort wandte er sich wieder mit einer eleganten
Wendung dem Rhein zu, wobei er seine Manövrierfähigkeit unter Beweis
stellte. Ergänzend sei bemerkt, dass der „Seeländer" auch zwei Masten besaß
, an denen bei geeignetem Wind die Segel gesetzt werden konnten.5

Die eben beschriebene Probefahrt hatte die Fähigkeiten, aber auch die
augenblicklichen Grenzen der Möglichkeiten der Dampfschifffahrt aufgezeigt
. Dem Vorteil der enormen Zeitersparnis (2/?,) standen die hohen Kosten
des Schiffes und seiner starken Bemannung gegenüber: Es benötigte
23 Personen, darunter hochbezahlte Techniker, während ein Lastkahn mit
2000 Zentner Ladung nur 11 Mann brauchte. Es bestand also keine Eile,
die Pferde durch die Dampfmaschine zu ersetzen.

Die Leinenzug-Schifffahrt

Die Leinenzug- oder Segelschifffahrt hatte seit Jahrhunderten den Warentransport
auf dem Rhein beherrscht. Die Lastschiffe hatten auf dem Oberrhein
eine Ladefähigkeit bis zu 2500 Zentner. Sie waren Privateigentum
der Schiffer, die sich in Zünften, die sich Schiffergilden nannten, örtlich
zusammenschlössen. Die Zahl der Schiffe pro Gilde war festgelegt. Das
„Schiffsrecht" wurde in den Besitzerfamilien vererbt. Der Warentransport-
markt war also stabil aufgeteilt und die Aufteilung so beschaffen, dass jeder
Schiffer ein gutes Auskommen besaß. Eine preisdrückende Konkurrenz
war auf diese Weise ausgeschlossen. Ein Lastschiff der genannten Größe
benötigte drei Steuerleute und acht Schiffsknechte. Zwei Steuermänner bewegten
am Bug den langen Riemen (Ruder) und einer das Heckruder. Die
Schiffsknechte waren auf die beiden Seitenruder verteilt. Bei kleineren
Schiffen stand nur ein Steuermann am Bug. Die Bewegung des Schiffes erfolgte
bei der Bergfahrt vom Niederrhein bis Schröck (= Leopoldshafen)
mit Gespannen von bis zu 12 Pferden, die sich auf dem Leinpfad, hart am


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