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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 564
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Ludwig Uibel

war, baten die beiden Gemeinden um einen Augenschein durch Major Tul-
la. Dieser fand auch statt, hatte aber ein unerwartetes Ergebnis: Tulla stünde
in dauernden Verhandlungen mit den französischen Behörden. Es sei
geplant, durch die Graueisbaum gegenüberliegende Insel einen Durchstich
zu machen und dadurch den Rhein vom diesseitigen Ufer abzulenken. Ein
jetzt gebauter neuer Damm müsste aber in der Zeit bis zum Ende der Verhandlungen
nochmal neu gebaut werden. Eine solche Uferdeckung müsste
aber nach einer Berechnung 20000 Gulden kosten. Diese Summe steht in
keinem Verhältnis zum Wert des Terrains, das dadurch geschützt werden
soll. Deshalb müsste man mit einer solchen Dammarbeit noch warten. Das
Angebot der Gemeinde Graueisbaum, die 1400 Gulden Entschädigungsgeld
für verlorenes Gelände zum Rheinbau zu verwenden, sei höchst unzweckmäßig
. Schon am 12. Januar 1811 lauteten die Richtlinien des
Innenministeriums für den Rheinbau: Bis zur Aufklärung über die Rheinrektifikation
(= Regulierung) und die neue Grenze „sind daher die dem
Rheinangriff ausgesetzten Ufer einstweilen unbedeckt zu belassen". Man
sieht, dass Tulla schon 1811 auf eine Korrektion des gesamten Rheins setzte
und die Kosten des Rheinbaus nach dem alten Muster für rausgeschmissenes
Geld hielt.

Es war also kein Wunder, wenn der geplante Damm trotz Versteigerung
und Baugenehmigung nicht gebaut wurde. Die Person Tullas verkörperte
die eine Konzeption der Rheinuferpolitik, die seit Jahrhunderten Geltung
hatte und die auch bei der Rheinkorrektion (1840-72) realisiert wurde. Die
bei der Besiedelung des Ufergeländes festgelegten Gemarkungsgrenzen
der Gemeinden sollten durch eine Verlagerung der Wasserläufe des vielgestaltigen
Rheinstroms nicht tangiert werden. Dadurch kamen die Gemeinden
im Lauf der Jahrhunderte zu Geländebesitz auf der anderen Seite des
Hauptstroms. So hatte Graueisbaum etwas Gemeindebesitz auf der elsässi-
schen Seite des Rheins. Erst die Politik der französischen Revolution lehnte
einen Gemeindebesitz auf der jeweils anderen Rheinseite ab. Der Hauptstrom
(Talweg) sollte nicht nur Hoheitsgrenze, sondern auch Gemeindegrenze
sein. Das brachte Unzuträglichkeiten mit sich. Wenn zum Beispiel
der Hauptstrom ein Stück des rechten Rheinufers abspaltete, konnte das
Frankreich nur recht sein. Das traf für Graueisbaum zu. An anderer Stelle
mochte das Gegenteil der Fall sein. Ja, manche Ufergemeinden unterstützten
den Hauptstrom noch durch zweckentsprechende Faschinenbauten,
wenn seine Tendenz ihnen Geländezuwachs versprach. Man sprach vom
„Faschinenkrieg". Vielleicht hatten die Verhandlungen Tullas mit den französischen
Behörden bezüglich Graueisbaums deshalb kein Ergebnis, weil
derartige Gedanken eine Rolle spielten.

Als die Jahre 1811 und 1812 vergingen, ohne dass etwas geschah, fühlte
die Bevölkerung von Graueisbaum das Unheil näher kommen. Sie sahen
sich als Opfer der amtlichen Rheinuferpolitik.


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