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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 566
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Ludwig Uibel

Mit dem Monat Juli kam wie jedes Jahr mit der Schneeschmelze in den Alpen
auch das Hochwasser. Es strömte ungehindert durch die Lücke des
Damms im Ulmer Wörth ins freie Feld und verwandelte das Land bis gegen
Lichtenau in einen See. Pfarrer Schoch nützte die einmalige Gelegenheit
und fuhr zusammen mit dem Förster Götz und dem Apotheker Wagner
mit dem Nachen von Lichtenau bis Graueisbaum.2 Dort stellte er fest, dass
nur noch die vier höchstgelegenen Häuser auf dem Trockenen standen. Die
übrigen standen im Wasser und bei manchen floss dasselbe durch die Fenster
in die Stuben. Während der Kahnfahrt konnte er beobachten, dass nur
noch bei den hochgelegenen Äckern die Ähren des Getreides aus dem
Wasser schauten. Die Frauen von Graueisbaum waren mit ihren Kindern
nach Lichtenau gefahren und wurden dort einquartiert. Das Vieh konnte
gerettet werden.

Nun war also die Katastrophe hereingebrochen, ohne dass irgendjemand
versucht hätte, sie aufzuhalten. Beim Murgkreis herrschte das große
Schweigen. Erst ein Vierteljahr nach dem Hochwasser, am 29. Oktober
1813, dekretierte der Murgkreis den Bau des Rheindamms im Ulmer
Wörth und ein halbes Jahr später (am 10. Mai 1814), als dort der Rheinbau
nur schleppend voranging, versprach der Murgkreis dem Kinzigkreis nach
dessen Intervention, sich von Ingenieur Ludwig einen Bericht über den
Stand der Rheinbauarbeiten vorlegen zu lassen.

Im Grauelsbaumer Bann hatten die Dammarbeiten während des Winters
1813/14 gute Fortschritte gemacht, so dass der Helmlinger Rheinbauaufseher
Wagner am 28.2.1814 meldete, dass der Damm bei Graueisbaum soweit
fertig sei. Doch sei der Damm im Ulmer Kriegwörth erst zu xk fertig.
Bei den übrigen 5/6 sei aber noch gar nichts gemacht, so dass der neue
Damm bei Graueisbaum immer noch bei Hochwasser weggeschwemmt
werden könnte, solange nicht der ganze Damm fertiggestellt wäre. Beisen-
herz meldete diesen Tatbestand beim Bezirksamt Rheinbischofsheim und
bat dieses, beim Murgkreis zu intervenieren. Von der Reaktion des Murg-
kreises (am 10.5.1814) hatten wir früher schon Kenntnis genommen. Angesichts
der ungenügenden Arbeit des Murgkreises erhebt sich - man denke
an die katastrophalen Folgen - die Frage der Verantwortung. Der im
Jahre 1815 geplante Prozess der Gemeinde Graueisbaum hätte hier sicher
einige Klarheit geschaffen. Leider liegen hierüber keine Akten vor. Aber
bei dieser bitteren Angelegenheit müssen sich alle Amtsvorstände, angefangen
bei den Amtmännern über die Kreisdirektoren bis hinauf zum Minister
fragen lassen, warum sie nicht rechtzeitig Alarm geschlagen haben.
Was tat Oberstleutnant Tulla in den entscheidenden Tagen nach seinem
Augenschein in dieser Sache? Die badische Verwaltung hatte einen guten
Ruf. Warum hat sie hier in ihrer Gesamtheit versagt? (Nicht nur der Murgkreis
!) Gut verwalten heißt, nicht nur Anordnungen erlassen, sondern auch
deren Durchführung zeitgerecht zu kontrollieren.


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