Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 638
(PDF, 145 MB)
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Erwin Fischer

Haut gesund sein soll, musste ich immer schnell hinunterschlucken. Einmal
konnte ich es nicht verhindern, er kam wieder hoch, vermutlich war
der Löffel zu groß oder zu voll. Neben den Schulaufgaben zu Hause, die in
einer Stunde zu bewältigen waren, mussten im Sommer Heilkräuter in die
Schule mitgebracht werden, die auf umliegenden Feldrändern gesammelt
wurden.

In der Volksschule im dritten Stock wurden diese Heilkräuter auf Papierbahnen
zum Trocknen ausgelegt. Es roch gut in diesem Raum, wenn
Taubnesselblüten Gänseblümchen, Zinnkraut, Brombeerblätter oder Kamille
ihren Duft verbreiteten. Weiter wurden die älteren Schulkinder in der
Sommerzeit einmal in der Woche statt der letzten zwei Unterrichtsstunden
zum Kartoffelkäfer-Absuchen, zusammen mit einer erwachsenen Person
auf die Felder geschickt.

An heißen Tagen bekamen wir zum Abschluss solch einer Aktion gelegentlich
eine kleine Limonade im Gasthaus „Linde" oder „Krone" spendiert
. Wegen Platzmangel in der Schule fand der Unterricht auch im Rathaus
im ersten Stock und in der Turnhalle bei der „Sauweid" statt. Trotz
dieser zusätzlichen Nebentätigkeiten und Umstände haben alle Schulkinder
Rechnen, Schreiben und lesen gelernt. Ein Lob gilt heute noch den
Lehrern, die uns in dieser angespannten Kriegszeit soviel für das Leben
vermitteln konnten.

Der Unterschied zwischen Mann und Frau wurde im Religionsunterricht
einmal kurz gestreift. Zwischen Ackerbau und Viehzucht aufgewachsen,
wussten wir schon, dass der Storch die Kinder nur im Märchenbuch brachte
. Besonderheiten gab es auch, die Mädchen durften im Religionsunterricht
bei ihrer Kleidung keine kurzen Ärmel tragen, schon gar nicht eine
ärmellose Bluse. Für uns Buben war diese Anordnung völlig unverständlich
. Im Kühnerbad konnte man sich erfrischen und schwimmen. Buben
und Mädchen hatten getrennte Badezeiten. Auf die Einhaltung dieser Badeordnung
wurde sehr geachtet.

Während meiner Schulzeit lief man fast von Ostern bis Allerheiligen
barfuß. Es bildete sich dabei an der Fußsohle eine dicke, robuste Hautschicht
. Bei den Erntearbeiten konnte deshalb ohne Schwierigkeit barfuß
über Stoppelfelder gelaufen werden. Die Sommerferien waren in die Erntezeit
gelegt worden, damit die Kinder dabei viel mithelfen konnten.

Taschengeld war bei uns zu Hause unbekannt. Die bescheidene Kasse
konnte aufgebessert werden durch fleißige Mithilfe bei der Zwetschgenernte
, beim Reinigen der Fässer, bei dem ich durch die kleine Öffnung vom
Fasstürchen schlüpfen musste. Beim „Grotte und Schlange jagen", wo alle
Buben von Haus zu Haus gingen, kamen dann doch ein paar Mark zusammen
. Bei diesem Glockengeschell konnten wir nebenbei „spendable" Leute
kennen lernen. In Sasbach wird dieser alte Brauch bis zum heutigen Tag
wachgehalten. Der Spruch eines jeden Buben lautet: „Grotte un Schlange


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