Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
82. Jahresband.2002
Seite: 742
(PDF, 145 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2002/0742
742

Berichte der Milgliedergriippen

mehr oder weniger verwaist, vieles liegen geblieben. In 16 Jahren schaffte sie es, zielstrebig
die umfangreichen, wertvollen Bestände neu und für eine schnelle Recherche effektiv zu
ordnen, zu sichern und zu bewahren. Gerade der Historische Verein und alle stadtgeschichtlich
interessierten Bürgerinnen und Bürger wissen ein übersichtliches, aktuelles Archiv als
Wissensfundus zu schätzen. Frau Stromeyer ließ bei ihrer Verabschiedung und dem Dank
der Bürgerschaft wie selbstverständlich wissen, sie werde sich weiterhin - wie ihr Vater -
für alles vehement einsetzen, was in Gegenbach Schützens- und erhaltenswert sei. Und das
ist nicht wenig.

Am 5. August war es endlich so weit: Der Prälatenturm konnte an diesem Tag nach langen
Jahren der Restaurierung eingeweiht werden. Das Bauwerk, ursprünglich als Verteidigungsrondell
zusammen mit der Stadtmauer 1384 errichtet, war um 1750 vom Reichsabt
Benedikt Rischer zu einem barocken Gartenhaus umgebaut worden und trotz späterer Erhaltungsmaßnahmen
in den letzten Jahrzehnten zusehends verfallen. Ziel der seit 1995 laufenden
Arbeiten war, die auf vier Ebenen verteilten Innenräume wieder in den Zustand zu
versetzen, in dem sie sich Mitte des 18. Jh. befunden hatten. Das ist durch eine große res-
taurative und handwerkliche Leistung aller Beteiligten sehr gut gelungen. Von der Andachtsgrotte
mit Steinmosaiken an den Wänden und dem Auge Gottes an der Decke, über
den Salon im 1. Stock, wo ein Landschafts-Wandfreskenzyklus im italienischen Stil gerettet
wurde, hochführend in den 2. Stock, in dem Vasenskulpturen aus der Werkstatt Peter
Schwabs Platz fanden, bis ins Belvedere, mit dem zart bewölkten Barockhimmel unter der
Kuppel. Ermöglicht wurde die Erhaltung dieses Kleinods durch das Beharrensvermögen der
„Bürgerlichen Fördergemeinschaft", die in enger Kooperation mit der Pfarrgemeinde, der
Stadt, dem Landesdenkmalamt und nicht zuletzt dank der Spendenfreude der Gengenbacher
sowie 2800 ehrenamtlich geleisteter Arbeitsstunden die erforderlichen 400000 DM aufgebracht
hatte. Als I-Tüpfelchen wurden im Herbst vor den als Eingang gestalteten, originalen
Grottenvorraum vier Reben gepflanzt, die in zwei Jahren die jetzt noch nackt und bloß wirkenden
Kieselsteine bedecken werden. Der Hausherr, Stadtpfarrer Udo Hildenbrand, kann
sich ökomenische Gottesdienste im Erdgeschoss und weltliche Zusammenkünfte im kleinen
Kreis in den übrigen Räumen vorstellen. Über die Möglichkeit, das Epitaph des Abts
Rischer, zur Zeit im Kreuzgang der Pfarrkirche aufgestellt, in den Außenbereich seines
wiedererstandenen Domizils zu versetzen, wird nachgedacht.

Am 9. September, dem Tag des Denkmals, stand der Mercy'sche Hof im Mittelpunkt.
Die Bau- und Familiengeschichte des verschwundenen Schlosses und seiner Bewohner hatte
zahlreiche Interessierte auf dem Hofberg zusammengeführt. Man geht heute davon aus,
dass der Platz im 13./14. Jh. aufgeschüttet und zur Engelsgasse hin mit hohen Mauern - in
Teilen noch sichtbar - abgestützt wurde. Vom Schloss, dessen Grundmauern noch im Boden
liegen, kennt man die Außenmaße, eine Ansicht gibt es anscheinend nicht, jedoch ist
seine Existenz seit 1543 nachzuweisen. Von 1620 bis etwa 1685 waren Schloss und ummauerter
Platz im Besitz des Freiherren Franz von Mercy, später seines Sohnes Peter-Ernst.
Franz von Mercy war einer der fähigsten Heerführer im 30-jährigen Krieg, Kommandeur
der Kaiserlichen nach Tillys Tod und Mitglied der „Fruchtbringenden Gesellschaft", der
ersten und wichtigsten Sprachgesellschaft des Barock. Sein Enkel Claudius Florimund,
1719 in den Grafenstand erhoben, wurde 1720 erster Gouverneur des unter österreichischer
Verwaltung stehenden Banats in Temesvär. Er legte hier den Grundstein für die Umwandlung
des verödeten und verlassenen Landes in eine dicht besiedelte, prosperierende Kulturlandschaft
. Die Stadt Gengenbach kaufte um 1730 das Schlossareal von den Erben der
Familie Dornblüth. In der Folgezeit dienten die Gebäude als Kaserne, Tabakfabrik und
Wohnungen. 1826 war der Verfall so weit fortgeschritten, dass sich ein Verkauf nicht lohnte
und der Gemeinderat den Abriss beschloss.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2002/0742