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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 36
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Francis Rupp

meinsamen Leben ausgegangenen religiösen Reformbewegung, die der
Entwicklung und Pflege des inneren religiösen Lebens statt des äußeren
den Vorzug gab.

1483 starben seine Eltern. Was sollte aus dem 16-jährigen Waisenkind
werden? Er trat in den Orden ein, mit dem seine Lehrer eng verbunden waren
, den Windesheimer Stiftsherren. Damals war der geistliche Stand die
beste Lösung für einen Jüngling, der seine Zukunft sichern wollte. Allerdings
war Erasmus' illegitime Geburt ein Makel, der ihm den Eintritt in
den Säkularklerus verwehrte; nur durch eine kostspielige und langwierige
Prozedur in Rom konnte dieses Hindernis beseitigt werden. Dafür fehlte es
aber an Geld und Zeit. So blieb ihm nichts anderes übrig, als Mönch zu
werden - die Windesheimer Herren waren ja durch feierliches Gelübde gebundene
Regularkanoniker. In ihrem Kloster zu Steyn wurde er aufgenommen
, und als er 1492 das vorgeschriebene Alter erreicht hatte, wurde ihm
die Priesterweihe erteilt. Diese Zeit hat ihn sehr bereichert, denn die Windesheimer
legten auf das innere Leben der Christen großen Wert. Wie für
die Brüder des Gemeinen (gemeinsamen) Lebens war auch für sie das
Christentum eine tagtäglich zu erneuernde Befolgung des Evangeliums.
Das bezeugt die berühmte Imitatio Christi, ein Werk, das ein Windesheimer
, nämlich Thomas a Kempis (von Kempen) 1420 verfasst hatte. Wenn
Erasmus später zum Vertreter einer tief erlebten, inneren Religiosität wurde
, der für die äußeren Werke wie Gebet, Pilgerfahrten u. a. m. wenig
übrig hatte, so verdankte er diese Haltung seinen Lehrern und Mitbrüdern,
die ihn für die Grundsätze der devotio moderna gewonnen hatten.

Trotzdem fühlte sich Erasmus im Steyner Kloster nicht wohl. Er war
mit dem Humanismus in Kontakt gekommen, die Werke des Laurentius
Valla, besonders die Elegantiae latinae hatten ihn begeistert. Die Sprache
des alten Roms schien ihm viel schöner zu sein als das rein logische, etwas
verknöcherte Latein der Scholastiker, die von Eleganz und musikalischem
Rhythmus der Sätze nichts hielten. Erasmus hatte sich auf den ersten Blick
in die klassische Literatur verliebt. Diese Leidenschaft war mit dem strengen
Leben des Klosters nicht vereinbar.

Daher empfand es Erasmus als eine Befreiung, als ihn der Bischof von
Cambrai 1493 in seinen Dienst nahm, weil er von seiner Gewandtheit im
Schreiben lateinischer Briefe gehört hatte und für seine Geschäfte einen
guten Sekretär brauchte. So konnte Erasmus das Steyner Kloster verlassen.
Er kehrte nie wieder zurück.

Das Sekretariat des Bischofs war für ihn nur eine Durchgangsstation.
Schon 1495 wanderte er nach Paris und ließ sich in die Matrikel der berühmten
dortigen Universität einschreiben. Es gelang ihm, in das College
de Montaigu aufgenommen zu werden; damit war er der Sorge um Bett
und Tisch los, allerdings nur für kurze Zeit, denn das College war, wie er
schrieb, eine „lausige Anstalt". Das Essen war miserabel und Erasmus


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