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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 44
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Francis Rapp

gesellschaftliche Aufbau dadurch erschüttert wurde, und leider gab ihm
der Bauernkrieg Recht. Im Namen der evangelischen Freiheit rebellierten
die Bauern 1525, ein Blutbad machte ihrem Abenteuer ein fürchterliches
Ende.

Hinzu kam, dass Luther dem menschlichen Leben versagte, sich zum
Guten durchzuringen. Nein, hämmerte er, die Sünde hat den Menschen
derart verdorben, dass von einer inneren Genesung nicht mehr die Rede
sein kann. Nur Gott schenkt ihm die Rechtfertigung, wenn er an Gottes
Barmherzigkeit glaubt. Auch dieser Grundsatz konnte den Pädagogen nur
aufreizen. Wie kann man Erzieher sein und von vornherein glauben, dass
die Erziehung keine Früchte zeitigen wird? 1524 verfasst Erasmus die
Schrift De libero arbitrio; ja, des Menschen Wille ist frei, er kann das Gute
vom Bösen unterscheiden und das Gute wählen. Sofort schleudert ihm Luther
De servo arbitrio entgegen, vom knechtischen Willen des Menschen:
Du allein, ruft er Erasmus zu, du allein hast den entscheidenden Punkt
meiner Lehre treffen wollen. Ich bleibe dabei: Der Mensch ist von Grund
auf verdorben, nichts verdankt er seinen Bemühungen. Nur der Glaube an
die unendliche Barmherzigkeit Gottes kann ihn retten; nur Gottes Gnade
wird ihn ummanteln und so wie er ist, nämlich ganz und gar verdorben, in
den Himmel heben.

Damit ist klar: Von einer Zusammenarbeit zwischen Erasmus und Luther
kann keine Rede sein. Wie vorherzusehen, wird Erasmus scharf angegriffen
. Hutten in seiner 1522 erschienenen Expostulatio injurium überschüttet
ihn geradezu mit Schmähungen. In Basel siegt die evangelische
Partei, und zwar ihr radikaler Flügel; der Bildersturm wird entfesselt, in
den Kirchen wird rücksichtslos aufgeräumt, Statuen, Tafeln, Altäre verschwinden
. Dieser wilde Ausbruch von Zorn wird Erasmus unerträglich.
1529 verlässt er wehmütig seine liebe Stadt, seine eigentliche Heimat, seine
Freunde, die ihn meistens nicht mehr verstehen.

Er siedelt nach Freiburg über, bleibt also im Rheintal - fast könnte er
bei schönem Wetter von dort die inclyta civitas, die berühmte Stadt, verschwommen
sehen, so fern und doch so nah. Das Heimweh quält ihn, seine
Stellung wird immer schwieriger. Obwohl er sich von der Katholischen
Kirche nicht trennt - denn es gibt für ihn nur eine, eben diese Kirche -,
sehen ihn doch manche Katholiken schief an. Viele sagen wie die Pariser
und Löwener Theologen, Erasmus habe das Ei gelegt, das Luther ausgebrütet
hat; seine Gedanken hätte der Wittenberger Doktor nur konsequent
bis zu ihrem logischen Schluss fortentwickelt. Diejenigen, die den Kampf
gegen die Evangelischen aufgenommen haben, warten auf eine klare Stellungnahme
des Humanisten - umsonst! Erasmus will der lutherischen Herausforderung
nicht kämpferisch begegnen. Sein Freund, der Löwener
Theologie-Professor Hadrian Florenz, ein frommer, asketischer Mann, ist
als Hadrian VI. Papst geworden. Dennoch ändert diese Wahl nicht Eras-


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