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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 48
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Eugen Hillenbrand

wach halten, auf „die alte Bauernherrlichkeit im Kinzigtal". Sein Kolossalgemälde
lehnt sich an bekannte Vorlagen an. Sie gehörten zum Repertoire
heftigster Debatten, die seit dem 19. Jahrhundert unter Verfassungsund
Wirtschaftshistorikern zum Thema „Bäuerliche Gemeinde" geführt
und gerade in jüngster Zeit wieder neu aufgenommen wurden. Erst vor
zwei Jahren publizierte der Berner Historiker Peter Blickle ein zweibändiges
Werk unter dem Titel: „Kommunalismus. Skizzen einer gesellschaftlichen
Organisationsform".4 Er fasst darin die wesentlichen Punkte der
wissenschaftlichen Diskussion zusammen, die er selbst 1981 mit dem aufsehenerregenden
Buch „Deutsche Untertanen. Ein Widerspruch" in Gang
gesetzt hat. Darauf komme ich später zurück. Zunächst interessiert das
Modell, von dem Hansjakob ausging, wenn er die „Bauern-Fürsten" seiner
Heimat schilderte.

Seit Georg Ludwig von Maurer 1854 die berühmten „Abhandlungen
über die Mark-, Hof- und Dorfverfassung"5 vorgelegt hatte, bestimmte
seine Lehre von den „Gemeinfreien" die wissenschaftliche Forschung. Der
Zeitpunkt der Veröffentlichung lässt mit Recht vermuten, dass Maurers
Theorie einer urgermanischen Gemeinschaft freier, den Boden gemeinsam
nutzender Bauern auf den Vorstellungen der Revolution von 1848 ruhte. Er
war überzeugt, dass diese Mark-Genossenschaft der Freien im mittelalterlichen
Dorf ihre Fortsetzung fand und bis in die Neuzeit als historisches
Modell wirksam blieb. Die ideologischen Implikationen seiner Doktrin reichen
in der Tat noch weit in unsere Gegenwart hinein, jedenfalls wurden
sie von der marxistischen Geschichtswissenschaft und von den Vordenkern
des Dritten Reiches erfolgreich weitergeführt.

Auch Hansjakob war diesem Modell verpflichtet. Ihm bot ein Schwarzwaldtal
das beste Anschauungsmaterial für eine „Mark", die das Deutsche
Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm als „umgrenztes Gesamteigentum
einer Gemeinde an Grund und Boden" definierte.6 In diesem natürlichen
Lebensraum seiner engeren Heimat fand er ein Urgestein von Menschen
, die ihr Zusammenleben selbst regelten und ihre Wirtschafts- und
Rechtsordnung gemeinsam sicherten: „seit unfürdenklichen Zeiten" eine
Bauernrepublik, deren Freiheit im Mittelalter vom Kaiser als dem Reichsoberhaupt
gewährleistet wurde.

Gegen die strenge Markgenossenschafts-Theorie wurden schon seit dem
Anfang des 20. Jahrhunderts Gegenstimmen laut, die einen ursprünglichen
Agrarkommunismus ablehnten. Der Wirtschaftshistoriker Alfons Dopsch
veröffentlichte 1941 (!) einen viel beachteten Aufsatz über „Die Grundherrschaft
im Mittelalter".7 Ein Ergebnis seiner Untersuchung lautete: „Die
freien Dörfer und Dorfgemeinden des späten Mittelalters waren keineswegs
Überreste einer angeblich ursprünglich vorhandenen allgemeinen
Freiheit der Bauern, sondern sind erst allmählich im Verlaufe des Mittelalters
durch Verselbständigung unfreier Dorfgemeinschaften entstanden."


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