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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 64
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Dieter K. Petri

aber doch seit seiner Übernahme eines politischen Mandats auf Seiten der
kath. Kirche, was keineswegs für alle kath. Zeitgenossen gesagt werden
kann. Manche hatten den Eindruck B. gebe sich in der Zeit des Umbruchs
päpstlicher als der Papst. So scheint z. B. Bischof v. Ketteier, Mainz, eine
moderate Stellung im Kirchenstreit eingenommen zu haben."

Um dem Streit mit der kath. Kirche aus dem Wege zu gehen, musste der
Staat sich in Bereiche einmischen, die früher der Kirche zustanden. Ein
auffälliges Beispiel ist die Ehe. Da der Erzbischof von Köln nicht bereit
war, eine Mischehe zwischen Katholiken und Protestanten ohne Konversion
zuzulassen, wurde er 1837 von der damals preußischen Regierung in
Haft genommen. In der Folge wurde die Zivilehe eingeführt. Den Standesbeamten
interessieren die konfessionellen Unterschiede nicht. Damit wurde
staatlicherseits auch eine Ehescheidung möglich, die es für die kath.
Kirche bis heute nicht gibt.

B. war noch 1874 der Meinung, die Ehe sei einzig Sache der Kirche und
es bedürfe daher keiner staatlichen Ehegerichtsbarkeit. Als er vor dem
Reichstag sogar seiner Befürchtung Ausdruck verlieh, er könne aus der
kath. Kirche ausgeschlossen werden, wenn er ein staatliches Ehegericht
anerkenne, erntete er Heiterkeit und Gelächter, wie die Protokollanten festgehalten
haben.12 Unter den Spöttern tat sich ausgerechnet der Abgeordnete
Bär aus Offenburg hervor, der die Äußerung von B. der „Komik" zuordnete
.13 Die Kritik eines Landsmannes aus der näheren Heimat dürfte B. besonders
geschmerzt haben. In der Debatte, bei der es um eine für Deutschland
einheitliche Ordnung für Prozesse in Zivil- und Strafsachen ging, befremdete
die von B. bekundete Kirchenabhängigkeit selbst seine Kollegen
von der „kath. Fraktion". Kein Wunder, da sich B. bei seiner Befürchtung,
der Exkommunikation zu verfallen, auf das Konzil von Trient 1545 berief.14

In Preußen schlug sich die Auseinandersetzung mit der kath. Kirche in
den so genannten „Maigesetzen" des Landtags nieder. Im Einzelnen ging
es um den „Kanzelparagraphen" (1871), wonach kein Pfarrer ein politisches
Thema derart aufgreifen durfte, dass der politische Friede gestört
wurde. 1872 wurden die Jesuiten und die anderen Männerorden, soweit sie
nicht im Krankendienst tätig waren, verboten. Die Bischöfe durften nur
solche Pfarrer einsetzen, die ein staatlich anerkanntes „Kulturexamen" in
Philosophie abgelegt hatten. Sie durften auch keine Pfarrer des Amtes entheben
oder versetzen, ohne die Genehmigung des Staates eingeholt zu haben
.15 Dadurch wolle man die Pfarrer vor der Willkür ihrer Vorgesetzten
schützen, war die Begründung des liberalen Rechtsstaats. Wenn sich die
Bischöfe und Pfarrer weigerten, diese Bestimmung einzuhalten, konnten
ihnen die Gehälter gesperrt werden. Sollte diese Maßnahme nicht fruchten,
so drohte ihnen die Haft.

Die Mehrheit der preußischen Landtagsabgeordneten dachten, die Drohungen
würden die Kirchenmänner zur „Vernunft" bringen. Die Bischöfe


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