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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 75
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Kippenheim

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Man beachte die Folge der Vornamen, die strikte der Regel folgt, wonach
der Knabe den Namen seines letztverstorbenen Vorfahren erhält, damit dieser
in ihm weiterlebe, wobei diese Vornamen allerdings dem Geschmack
der Zeit angepasst wurden.

So folgt auf den Toraschreiber Eliezer der Vorsteher Lazarus Leser und
dann dessen Enkel Ludwig Louis, mein Großvater, der von Diersburg über
Offenburg nach Basel gelangte und nun schließlich mein hier neben seinen
Schwestern Evelyn und Marion anwesender, in Südafrika geborener Neffe
Rene Lewis Stein.

Der heute wohl bekannteste Träger des Namens Weill (nun mit Doppel-,,1"
geschrieben) ist der namentlich durch die Vertonung von Bert Brechts
Dreigroschenoper bekannt gewordene Kurt Weill (1900-1935). Sein Vater
Albert war schon Kantor. Er folgte einer Berufung nach Dessau, wo auch
Kurt geboren wurde. Alberts Vater Nathan (1828-1894) war bereits Leiter
des Synagogenchors in Kippenheim. Sie alle sind Abkömmlinge von Eliezer
Weil, der von Stühlingen nach Kippenheim zog.

Aus Diersburg zog mein Urgroßvater Marx Stein, der Gatte von Helene,
geb. Weil, nach Offenburg, wo er das Amt des Gemeindevorstehers übernahm
und den Bau der Synagoge im Hintergebäude des unter seiner Vorsteherschaft
erworbenen „Salmen" übernahm, die dann am 24. September
1875 eingeweiht wurde (Martin Ruch, Der Salmen, Geschichte der Offenburger
Synagoge, Offenburg 2002, S. 40).

Es erfüllt mich mit Stolz, dass drei meiner Vorfahren als Gemeinde-Vorsteher
die Begründung von drei Synagogen leiteten, und mit Dankbarkeit,
dass dank der Initiative von Menschen, die deren Bedeutung als Kulturdenkmal
erkannten, alle drei erhalten beziehungsweise wiederhergestellt
und auch in Denkschriften gewürdigt wurden.

Abschließend ist der elf Opfer des Holocaust zu gedenken, die unter den
Nachfahren von Marx und Helene Stein zu beklagen sind. Die Überlebenden
sind in die ganze Welt zerstreut. Meine einzige noch lebende Cousine
ist in einem Altersheim in Chicago untergekommen. Andere flüchteten
nach Buenos Aires, nach England, wo die Familien Mendelson und Reiss
leben, Familie Kallmann ist in Paris ansässig und meine Großcousinen Doris
Marx und Thekla Nordwind in den USA.

Ein Sohn der nach Israel ausgewanderten Familie Ratz ist dort im Krieg
gefallen. Peter Ruta, ein begabter Kunstmaler, wurde als US-Soldat im
Krieg gegen Japan schwer verwundet.

Im Namen aller Abkömmlinge der Juden von Kippenheim bedanke ich
mich für Ihre schöne Präsentation unserer Synagoge.


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