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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 109
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Die Reichsschule für Volksdeutsche in Achern/Ulenau 1940-44

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mit wenig Mitteln ein schönes Heim zu schaffen. Die Fähigkeit, sich manche
Dinge selbst zu verfertigen oder schöner zu gestalten, ist für die Frau
eine große Hilfe im Leben."

Der Sportplatz der Illenau war von den Südtiroler Jungen aus Rufach angelegt
worden. Die Zeugnisse enthielten mehrere Sportnoten, mehrere Noten
im Bereich der „Künstlerischen Ausbildung" und eine verbale Beurteilung,
in der nach körperlicher, charakterlicher und geistiger Leistung unterschieden
wurde. So heißt es bei einer Zwölfjährigen: „Körperlich: gut entwickelt,
willig, doch wenig gewandt. Charakterlich: ordentlich, freundlich, gefällig,
bescheiden, pflichtbewusst und zuverlässig. Geistig: sehr strebsam und eifrig
, meist aufmerksam und interessiert." Eine Schülerin schreibt der Unterrichtsleiterin
Klara Keit diesen Spruch zu: „Stramm sollen die Buben sein,
für die Mädchen genügt es, straff zu sein." In den Handelsklassen wurden
neben den Wirtschafts- und den schreibtechnischen Fächern sowohl die
deutsche wie die italienische Sprache besonders gefördert, um eine Orientierung
in Richtung einer Auslandskorrespondentin zu ermöglichen.

Es herrschte strenge Disziplin, eine hierarchische Aufsicht, ein geregelter
Tagesablauf mit wenig individueller Freiheit. Eine Mädelführerin aus
einer höheren Klasse beaufsichtigte eine Klasse (Zug) mit jüngeren Mädchen
. Die Post wurde zensiert. Montags und samstags war Flaggenappell
mit Ansprachen, es fand aber keine paramilitärische Erziehung wie bei den
Jungen statt, jedoch Ordnungsappelle, also Betten- und Schrankkontrollen.
Die Mädchen trugen am liebsten Dirndl und nur bei besonderen Anlässen
BDM-Kleidung. Zu den Strafen gehörten Postentzug (bis zum nächsten
Tag), Essensentzug, Stricknadelentzug, Ausgangssperre, Taschengeldsperre
, Kohlen tragen oder Kartoffelschälen. Bei Bombenalarm ging es in die
Keller; zum Schulalltag gehörten auch Läuseplagen, Scharlach- und Para-
typhusepidemien. Künstler erschienen zu Konzerten, Offiziere hielten Vorträge
über die Kriegslage, es bestanden auch Patenschaften mit Fronteinheiten
. Der Unterricht war völkisch ausgerichtet und orientierte sich an der
Ideologie des Nationalsozialismus. Ziel war eine gemeinschaftsgebundene
Person, die aber in erster Linie auf die Mutterrolle, weniger auf Berufserziehung
vorbereitet wurde. Es gab keine sexuelle Erziehung oder Aufklärung
, schon das gemeinsame Duschen war den streng katholisch erzogenen
Mädchen höchst unangenehm.

Zur Bevölkerung von Achern bestand nur geringer Kontakt, etwa durch
gelegentliche Einkäufe mit dem reglementierten Taschengeld oder gelegentliche
Mithilfe bei Sammel- und Hilfswerkaktionen. Die Acherner Bevölkerung
lehnte die neue Schule als Eindringling ab. Hier war man stolz
auf die traditionsreiche Heil- und Pflegeanstalt Illenau gewesen, die auch
ein wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor gewesen war.

Im Herbst 1941 wurden in Rufach und Achern zusätzlich Nationalpolitische
Erziehungsanstalten eingerichtet, also Eliteschulen mit einem Ein-


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