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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 112
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Arnulf Moser

in den wenigsten Fällen aber in Familien von SS-Angehörigen, wie dies ursprünglich
vorgesehen war. Zu den Legenden, die sich um die Mädchen
später rankten, gehört die Behauptung, sie hätten Hormonspritzen bekommen
, die die sexuelle Reife beschleunigen sollten, damit sie früher SS-Männern
zur Verfügung gestellt werden konnten.4 Die meisten Mädchen wurden
nach dem Krieg von den Alliierten wieder nach Polen zurückgebracht.

Im 8. Nürnberger Prozess gegen das SS-Rasse- und Siedlungshauptamt
(„RuSHA-Case") waren 1947/48 auch vier Mitarbeiter des Vereins „Lebensborn
" angeklagt. Klara Keit wurde im Juni 1947 von amerikanischen
Ermittlern vernommen. Sie gab am 17. Juli 1947 eine eidesstattliche Erklärung
ab, musste aber im Prozess selber nicht auftreten.5 Sie erklärte: „Im
Jahre 1942 wurden nach Achern ungefähr 50 eindeutschungsfähige Polenkinder
überstellt. Diese Kinder kamen direkt aus dem Kinderheim Kaiisch
im Warthegau. Die Überstellung dieser Kinder geschah auf Veranlassung
des Lebensborn, ich nahm damals an, dass ein Abkommen bestand zwischen
dem Lebensborn und der Inspektion der Heimschulen, da ich vorher
von der Inspektion darauf aufmerksam gemacht war, dass ich solche polnische
Kinder zu erwarten hätte und der Lebensborn für diese sorgen würde.
Meiner Erinnerung wurde diese Angelegenheit auf einer Anstaltsleitertagung
in Weimar von dem Leiter der Heimschulen SS-Obergruppenführer
Heissmeyer oder seinem Stabsführer Schmidt vorgetragen, und zwar wurde
von polnischen Kindern gesprochen, welche die polnische Staatsangehörigkeit
besaßen, aber eine oder mehr Generationen zurück irgendwie von
deutscher Seite abstammen. Etwa drei Viertel dieser Kinder hatten polnische
Namen. Alle Kinder sprachen polnisch. Eine kleine Anzahl sprach
außerdem gut deutsch. Ein weiterer Teil sprach gebrochen deutsch. Jedoch
waren auch Kinder darunter, die kein Wort deutsch konnten. Diese polnischen
Kinder wurden von Lebensborn insofern versorgt, als dieser Kleider,
Mäntel, Wäsche und Stoffe für die Kinder sandte. Von Lebensborn erhielt
ich schriftlich die Anordnung, dass die Verbindung dieser Kinder mit Verwandten
und Bekannten in Polen nicht weiterbestehen soll. Diese Anordnung
des Lebensborn war begründet, dass den Kindern das Einleben in den
neuen Lebensbereich zu erleichtern sei. Während der Zeit, wo die Kinder
sich in der Heimschule befanden, führten dieselben noch ihren alten polnischen
Namen. Die amtliche Umänderung der Namen der polnischen Kinder
, welche später in deutsche Familien vermittelt wurden, erfolgte durch
Lebensborn, nachdem die Kinder die Heimschule verlassen hatten. Meines
Wissens nach führte der Lebensborn für diesen Zweck ein eigenes Standesamt
. Darüber erhielt ich auch einmal eine schriftliche Anordnung von
Lebensborn. Bei dem Polizeiamt von Achern wurden die Kinder unter ihrem
polnischen Namen abgemeldet und zwar nach dem Lebensbornheim
in Steinhöring. Alle Angelegenheiten betreffs der Vermittlung von diesen
Kindern in Pflegestellen bei deutschen Familien wurden von der Pflege-


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