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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 114
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Arnulf Moser

rückgeschickt wurden, wo sie vermutlich umgekommen sind. Über den
Mädchen lastete also, wie sie nach dem Krieg berichteten, stets die Drohung
: „Wenn ihr nicht pariert, kommt ihr ins KZ." Nach den Berichten dieser
Mädchen wurden sie viel strenger behandelt als die Südtiroler Mädchen
und oft geschlagen, vor allem, wenn sie polnisch sprachen. Auch Georg
Lilienthal spricht in seiner Arbeit über „Kinder als Beute des Rassenkriegs
" von einem „drakonischen Regiment". Dagegen beschrieb Klara
Keit im Interview mit den Innsbrucker Autorinnen Anfang 1990 die Behandlung
der polnischen Mädchen sehr positiv. Auch die Südtiroler Schülerinnen
schilderten in den Interviews von 1990 die Lage der polnischen
Mädchen eher freundlich. Die polnischen Kinder, die sprachliche Fortschritte
gemacht hatten, kamen in die Südtiroler Volksschulklassen.

Im Prozess vor dem I. Amerikanischen Militärgericht in Nürnberg stellte
das Gericht fest, dass der Verein „Lebensborn" nur am Rande, d. h. eben
bei dieser Aktion im Warthegau sowie bei kleineren Gruppen aus der
Tschechoslowakei und Jugoslawien, mit der Verschleppung von Kindern
aus Osteuropa zu tun hatte und dass die polnischen Kinder durch den Verein
„Lebensborn" gut behandelt worden waren. Dies ändert aber nichts an
der Tatsache des Kinderraubs. Von 10.000 verschleppten ausländischen
Kindern, die nach Kriegsende in der US-Zone aufgefunden wurden, sind
lediglich 340 dem Verein „Lebensborn" zuzuordnen. Von den vier Angehörigen
des Vereins „Lebensborn" wurde eine Mitarbeiterin freigesprochen
, bei drei Mitarbeitern wurde die Haft seit Sommer 1945 als Strafe gerechnet
und diese auf freien Fuß gesetzt.

Mit dem Sturz Mussolinis, der Landung der Alliierten in Sizilien und
dem deutschen Einmarsch in Südtirol veränderte sich 1943 die Lage in Italien
gründlich. Viele Mädchen kehrten jetzt nicht mehr aus Südtirol nach
Achern zurück. Die Auswanderung nach Deutschland wurde eingestellt, in
Südtirol wurden Anfang 1944 nationalsozialistisch ausgerichtete „Deutsche
Oberschulen" für Jungen und Mädchen aufgebaut. Die älteren Mädchen
in der Illenau wurden gegen Kriegsende auch zu Ernteeinsätzen, in
Munitionsfabriken und zu Schanzarbeiten am Westwall geschickt, letzteres
gemeinsam mit Schülern der humanistischen Napola Ilfeld/Harz, von der
ein Teil im Herbst 1944 nach Achern verlegt worden war. Ein Jahr zuvor
war in Achern auch eine Jungen-Napola eingerichtet worden. Ein Schüler
von Ilfeld berichtete über seinen Aufenthalt in Achern: „In Achern versetzten
uns die großen Gebäude der ehemaligen Irrenanstalt Illenau doch etwas
in Erstaunen, was mochte alles darunter stecken? Das vernahmen wir bald:
die NPEA Achern und das Mädchenschulheim Achern. Dieses hatte uns
einen Teil seiner Räume abtreten müssen. Dienstlich hatten die drei Anstalten
nur wenig miteinander zu tun; nur hochoffizielle Anlässe brachten
gemeinsame Veranstaltungen, wie z. B. der neunte November. Zu den
Jungmannen der NPEA Achern hatten wir nur wenig Kontakt, etwas mehr


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