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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 122
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Tobias Wöhrle

geblieben. Er behielt auch noch seinen Posten bis Mitte Juni. Die Parteileute
waren nach der nunmehr erfolgten Niederlage sehr zugänglich und
freundlich zum Geistlichen. Sie halfen eifrig mit an der Instandsetzung der
Kirche.

Die Besatzung verhielt sich unterschiedlich. Einige Truppenteile waren
anständig, nahmen nichts und verdarben nichts. Andere aber hausten
schlimm. Sie assen und Tranken, was sie fanden, und verdarben vieles
noch dazu. In manchen Häusern sah es schlimm aus. Die Betten waren
fortgetragen, Kleider gestohlen oder verdorben, Butter und Eier verschwunden
, fast sämtliche Hühner wurden am 1. Tag schon geholt.
Schlimm machten sie es bei ihnen bekannten Parteimitglieder oder bei Familien
, die ihnen von Polen oder Franzosen denunziert waren. Einige Männer
wurden wegen strenger Behandlung der Polen und gefangenen Franzosen
von ein Militärgericht geladen und körperlich gezüchtigt. 4 Vergewaltigungen
von Frauenpersonen sind mir bekannt geworden. Andere haben
sich durch Flucht gerettet. Nach drei Tagen zogen die meisten Truppen
wieder ab. Im Pfarrhaus war der Divisionsstab eingezogen und hatte alle
Zimmer belegt".29

Bei den Aufräumarbeiten in den folgenden Tagen sind alle Arbeiter aus
Steinacher Betrieben und sämtliche Gespanne der Landwirte eingesetzt
worden.30 Die bei der Besetzung entstandenen Schäden wurden Monate
oder auch Jahre später erfasst. So waren Gebäudeschäden an Schule und
Rathaus zu vermelden, z. B. wurden „Closetts" zerstört. Schulbänke,
Schränke, Tafeln, Lernmittel, Tische, Stühle, die vollständige Einrichtung
der Kochschule und eine Schreibmaschine wurden beschädigt oder zertrümmert
. Außerdem waren Schäden an Straßen im Dorf entstanden, wohl
durch Panzerfahrzeuge der französischen Armee.31

Bürgermeister Neumaier wandte sich am 3. Mai 1945 in einem Schreiben
an die Ortskommandantur in Haslach. Im Namen der Bevölkerung beschwerte
er sich über das „Organisieren von Hühnern, Hasen, Schafen,
Haushaltsgegenständen, Uhren u.s.w.". Vor allem Hofgüter außerhalb des
Dorfes seien betroffen, da im Ort bereits nichts mehr zu holen sei. Außerdem
seien Frauen und Mädchen sowohl im Haus als auch bei der Feldarbeit
nicht vor Vergewaltigungen sicher. „Schießereien" im freien Gelände
würden die Feldarbeit behindern und die Stromleitungen zu den Gehöften
zerstören. „Es handelt sich um Besatzungstruppen von hier und auswärts
Marokaner und Neger." Er bat um Schutz für die Bevölkerung, „damit die
Gewähr besteht die Ernährungssicherung gewährleisten zu können".32

Ein weiteres Schreiben folgte am 6. Mai. Darin heißt es: „Meldungen
über Einbrüche, Blünderungen, Vergewaltigungen gehen täglich bei mir
ein."33 Requirierungen und Plünderungen durch französische Soldaten waren
an der Tagesordnung und wurden von der französischen Besatzungsmacht
bereits im Mai 1945 verboten.34 Es gibt eine Liste, in der „abhan-


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