Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 281
(PDF, 99 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2003/0281
Lorenz Oken im Spiegel seiner Briefe an den Freund Matthias Keller

281

schrieb er an Schelling: Ich habe endlich eine lange projektierte Reise an
die Nordsee gemacht und sitze hier in tiefster Ruhe, während das feste
Land erschüttert wird [durch das Kriegsgeschehen] - wirklich ein Glück
für mich; zudem lebe ich hier um die Hälfte wohlfeiler als zu Göttingen ...
(27. Dez. 1806). Im gleichen Brief findet sich auch ein für das Verständnis
Okens höchst aufschlussreicher Satz: Es fehlt mir - nicht Selbstvertrauen,
aber - Vertrauen zu der Welt, und dieses macht mich blöde und links in
Gesellschaft ... Die Wörter blöde und links bedeuteten im damaligen
Sprachgebrauch so viel wie „schüchtern und ungeschickt"; Welt meint hier
„die Welt der Menschen" (wie man auch von einem „Mann von Welt"
sprach). Oken empfindet sich also trotz seines akademischen Aufstiegs als
Außenseiter in der Gesellschaft. Der Weg vom Dorfjungen in die wohl
auch etwas dünkelhaften Zirkel der renommierten Universität Göttingen
fiel ihm doch schwerer, als es den Anschein haben mochte, und er fühlte
sich nicht wirklich als zugehörig. - Auch an Keller schreibt Oken am
28. Dezember 1806 einen Brief aus Wangerooge, in welchem er jedoch,
wie schon gegenüber Schelling, keine Details zu seinen Erfahrungen an der
Nordsee gibt, sondern nur ganz allgemein bemerkt: Ich habe an der See
auf der Insel Wangerooge viel Neues entdeckt, was für die Physiologie sehr
wichtig und bestimmend ist. Ich arbeite an meinem System der Physiologie
, das ich in einigen Jahren zustande zu bringen hoffe. Als Fazit der Reise
vermerkt er: [Ich] habe alle Ursache, damit zufrieden zu sein; nur der
Krieg ist wieder in die Quere gekommen und hat unsere Rückkehr verspätet
, weil alle Straßen mit Truppen bedeckt waren. Auch dies gehörte zu den
Lebensumständen Okens.

Schritt um Schritt erobert sich Oken in Göttingen eine Position in der
Welt der Wissenschaft. Im September 1805 war er bereits Privatdozent geworden
. Vermutlich war seine Schrift Die Zeugung auf Betreiben von Him-
ly als Habilitationsschrift anerkannt worden. Ab dem Frühjahr 1806 war er
Mitarbeiter an den Göttinger gelehrten Anzeigen. Von seinen beruflichen
Fortschritten berichtet er Keller aus Göttingen: Nachher werde ich Assessor
in der Königlichen Societät (1. Aug. 1806), und aus Wangerooge: Daß
ich Assesssor bei der Akademie geworden bin, wirst Du ohne Zweifel in
den „Göttinger gelehrten Anzeigen'' gelesen haben. Ich kann damit mehr
als zufrieden sein, da viele Privatdozenten und selbst Professoren schon
lange da sind, und es doch nicht geworden. (28. Dez. 1806) Aus Okens
letztem Brief an Keller aus Göttingen, vom 15. Juni 1807, gewinnt man
den Eindruck, dass sich mit dem beruflichen Aufstieg auch seine finanzielle
Situation stabilisiert hat; dennoch ist die Zukunft noch nicht gesichert:
Ich bin nun wohl hier, habe, was ich brauche, und mehr will ich jetzt nicht,
da ich doch erst in den Jahren bin, wo man zuzusehen hat ... Ich bin zum
correspondierenden Mitglied der Königlichen Societät geworden. Mit dem
hiesigen Curator Brandes und mit Heyne [dem berühmten und einflussrei-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2003/0281