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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 292
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Manfred Zittel

1807 seine baldige Ankunft meldet, schreibt sie: Ol wie ich mich darauf
freue! Mehr vertraut sie dem Papier nicht über ihre Gefühle an; mündlich
wird sie es ausführlicher getan haben. Aufschlussreich ist der Beginn des
letzten Briefes, vom 13. Julius, wohl 1809. Es hatte zuvor eine Trübung in
ihrer Beziehung zu Oken gegeben, über die weiter unten mehr gesagt wird.
Lotte leitet einen Brief für Keller weiter und schreibt dazu: Mein Freund!
Hier sende ich Ihnen einen Brief von unserem lieben Oken, welchen ich vor
zwei Tagen erhielt. Seine Briefe sind freundlich, und der unselige Dämon ist
entflohen, oder doch verstummt... Ein Konflikt muss stattgefunden haben,
in dem Oken anscheinend mit der Schroffheit, die manchmal aus ihm hervorbrechen
konnte, Lotte erschreckt und verletzt haben muss. Doch sie trägt
es ihm nicht nach, spricht von unserem lieben Oken.

Aus einigen von Okens Briefen an Keller wird deutlich, dass er innerlich
an Lotte gebunden ist, jedoch ihr gegenüber wenig Verständnis und
Kompromissbereitschaft zeigt. Ein erstes Beispiel hierfür bietet sein Brief
vom 20. März 1805 aus Würzburg. Oken ist entschlossen, seinen Weg als
Wissenschaftler, wenn nötig, auch in der Ferne zu machen. Lotte sähe ihn
anscheinend lieber als Physikus in der Heimat. Oken hierzu: Ich schrieb
ihr neulich, daß ich am Ende wohl nach Rußland werde gehen müssen;
darauf jammerte sie etc. und sagte, daß dies uns trennen würde, weil es ihre
Eltern nicht zugeben würden. Ich glaube aber, ein Mädchen muß ihrem
Geliebten in die ganze Welt folgen. Ich habe ihr dieses zu verstehen gegeben
, und die Schwachheit ihrer Liebe. Sollte sie sich darüber empören, so
wären wir freilich getrennt. Doch das Fatum wird es leiten. Da das Thema
„Rußland" wohl eher theoretischer Natur war, bleibt es ohne praktische
Folgen, und der Briefwechsel wird fortgesetzt. Als Keller einmal das Ausbleiben
seiner Briefe auf die Post schieben möchte, entgegnet Oken trocken
: Von Lotte sind noch keine verlorengegangen (15. Juni 1807). In den
Sommerferien 1807 reist Oken nach Freiburg, was er ein Jahr später
gegenüber Keller so begründet: Voriges Jahr mußte ich bloß aus Liebe zu
ihr nach F. (9. Nov. 1808). Auf Okens Befürchtung, man könnte in Freiburg
über ihn und Lotte reden, antwortet ihm Keller: Etwas Näheres hörte
ich nie darüber reden, und mir ist das Geheimnis Eurer Liebe zu theuer,
als daß ich es nur mit einer Silbe berühren könnte. (22. Mai 1808)

Von Lotte erfuhr Keller jedoch, dass sie an Okens Verhalten litt. Als guter
Freund beider versuchte er zu vermitteln und schrieb nach Jena: Ich habe
Dir in Betreff der Lotte etwas zu sagen. Sie scheint mit der Art, wie Du
sie behandelst, nicht ganz zufrieden zu sein. Sie fürchtet immer Deine
Gleichgültigkeit, die ihr unerträglich vorkommt. Sie findet nicht mehr in
Deinen Briefen den vertraulichen Ton, die zarte Behandlung, auf welche
ihr Wesen Anspruch macht. Sei es, wie es sei. — Handle redlich. Sie ist sehr
brav, darum kränke sie nicht umsonst. (14. Okt. 1808) - Man muss Keller
für diesen Brief mögen.


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