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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 349
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Das Bezirksamt Appenweier

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worten, andernfalls verlören sie ihr Gemeindebürgerrecht und würde ihr
Vermögen vom Staat konfisziert.51

Nur sechs der Fahnenflüchtigen meldeten sich beim Amt, den übrigen
vierzehn sprach ein Gerichtsurteil das Ortsbürgerrecht ab und beschlagnahmte
„ ihr gegenwärtiges und zukünftiges Vermögen " zugunsten der Gemeindekasse
bzw. des großherzoglichen Fiskus.52

Ähnliche Pflichten wie dem ehemaligen Landgericht legten die Befreiungskriege
1813/14 dem Amtmann und seinen Aktuaren auf. Wenn wir
von einem Scharmützel zwischen Franzosen und Russen bei Zusenhofen
absehen, von dem eine Sage berichtet, fanden im Bezirk keine Kampfhandlungen
statt. Aber die Bevölkerung erlitt die alten Belastungen, Einquartieren
von mehreren Tausend Soldaten, Sachlieferungen und Fuhrleistungen
. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig zog sich Napoleon mit seinen
Truppen relativ geordnet über den Rhein nach Frankreich zurück. Die verbündeten
Gegner folgten ihm in drei Heeresgruppen, von denen eine den
Weg durch das Rheintal herauf nach Süden nahm. Am 15. November 1813
trafen die Ersten von ihnen in unserem Gebiet ein, bayerische Einheiten,
die später von Österreichern und Russen ersetzt wurden. Sie schlössen den
von Franzosen gehaltenen Brückenkopf Kehl ein und belagerten ihn. Dieses
Blockadecorps wurde vom Kinzigkreis-Direktorium versorgt, wofür es
1200 Gulden aufnahm und die es auf die Ämter umlegte, Appenweier mus-
ste davon 1032 Gulden bezahlen.53 Nebenbei bemerkt: Es fällt auf, dass
neben Schlachtvieh, Mehl, Hafer und Hülsenfrüchten große Mengen an
Alkohol verlangt wurden, so seien bei der Belagerung fast unglaubliche
340 Maß (bei geringster Berechnung ebenso viele Liter) täglich erforderlich
gewesen.54

Die wichtigste Unterabteilung des Bezirksamtes, das Amtsrevisorat, leitete
ein eigener ständiger Beamter, der Amtsrevisor. Seinen Geschäftsbereich
kann man mit dem eines heutigen Notariats vergleichen. Grund- und
Pfandbücher zu führen, Kauf- und Schuldverschreibungen anzufertigen,
Testamente und Teilzettel zu verfassen, war ihm neben vielem anderen
übertragen. Nachrichten über diese Tätigkeiten im Anzeigeblatt offenbaren
gewöhnlich Einblicke in die Schattenseiten des damaligen Lebens.

Um ein Gantverfahren, eine Zwangsversteigerung, vorzubereiten, machte
der Revisor bekannt, dass Nikolaus Fahry, ein bürgerlicher Handelsmann
aus Renchen, sich selbst für zahlungsunvermögend erklärt und alle
Zahlungen eingestellt habe. Sein Vermögen verwalte nun ein Treuhänder,
an ihn sollten sich alle Gläubiger wenden.55

Auf ähnlicher Grundlage beruhten die „Schuldenliquidationen", die insbesondere
vor den Auswanderungen durchgeführt werden mussten. Die
Namen aller, die den badischen Staatsverband verlassen wollten, wurden
im Anzeigeblatt veröffentlicht, damit jene, die noch Geldforderungen zu
stellen hatten, ihre Rechte vorbringen konnten.


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