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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
83. Jahresband.2003
Seite: 435
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Mitteilungen

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ste. Das Justizministerium hatte ihm gekündigt, weil er die Guillotine ins
Pfandhaus getragen hatte, sich selbst gern im Freudenhaus aufhielt und
dem Trünke hingab ...

In den Familien der Scharfrichter war es bekanntermaßen üblich, die familiären
Verbindungen untereinander durch immer neue Eheschließungen
zu verfestigen. Der größte Teil der Scharfrichterehen bedurfte eines kirchlichen
Dispenses. Dem mag zwar einerseits die Tatsache zu Grunde liegen,
dass - nicht nur das professionelle - Demütigen, Quälen und Töten anderer
Menschen allgemein als verachtenswert angesehen wird und die
Scharfrichter so zugleich gesellschaftlich als notwendig erachtete (und bestens
verdienende) und gesellschaftlich verachtete (aber keinesfalls arme)
Zeitgenossen waren.

Andererseits mag dahinter auch der handfeste Wunsch gesteckt haben,
das einträgliche Gewerbe in der Familie fest zu verankern. So amtierte in
Paris die Familie Sanson von 1685 bis 1847 - unter den Bourbonen, unter
der Revolution, unter der Republik, unter dem Direktorium, unter Kaiser
Napoleon und danach wieder unter den Bourbonen. Wohl hauptsächlich
unter dem Gesichtspunkt, dass der „Livre" oder „Franc" rollte - auch wenn
dabei der Kopf des früheren, königlichen Dienstherrn ins Rollen kam ...

So erhielt der Henker von Paris im Jahr 1780 ein Salär von 18.000 Liv-
res10, eine für jene Zeit geradezu ungeheuerliche Summe.

Nicht von der Hand zu weisender Beleg für diese Theorie ist die nachweisliche
Tatsache, dass die Mütter Sanson wie Löwinnen dafür kämpften,
ihre Söhne beim frühen Tode oder früher Dienstunfähigkeit des Vaters
möglichst sofort in dessen Fußstapfen treten zu lassen - ohne Rücksicht
auf das zarte Alter der Sprösslinge: So war Charles Sanson (er hat übrigens
praktischerweise die Schwester seiner Stiefmutter geheiratet), welcher am
8. September 1703 einen Patentbrief als „Vollstrecker der Hohen Werke
der Gerechtigkeit" von Paris erhalten hatte, bereits 1726 gestorben. Sein
Sohn Charles Jean Baptiste Sanson folgte ihm im Alter von sieben Jahren
." Zwar wurde er bei der eigentlichen Dienstleistung durch Stellvertreter
ersetzt, musste jedoch die Hinrichtungen durch seine Anwesenheit sozusagen
legitimieren.12 Sein Sohn Charles Henry Sanson wirkte bereits mit
fünfzehn Jahren bei Hinrichtungen13 mit, als Scharfrichter ad interim in
Vertretung seines erkrankten Vaters ... Die übrigen Söhne des Charles Jean
Baptiste Sanson fanden dann in Reims, in Orleans, Meaux, Etampes, Sois-
sons und Montpellier ihr berufliches Fortkommen.

Ralf Bernd Herden


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