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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 33
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den Boden können wir nicht schlüpfen!"

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tappt, welche nach Kehl in das Schwellenwerk geschickt worden; die anderen
3 Kinder hingegen werden nächstens ehrsamen frommen Leuten, gegen
etwas Gewisses, aufzuziehen gegeben werden."14 Auf Fürbitte des Kehler
Generals wurden die Zigeuner aus dem Schwellwerk wegen ihrer offenkundigen
Unschuld wieder freigelassen.

Zigeunerinquisition in Niederschopfheim 1744'5

Im Jahre 1744 wurde in Niederschopfheim, also in der Herrschaft der Freiherrn
von Franckenstein, ein Inquisitionsprotokoll erstellt durch den Amtmann
Lindenmayer. Der Hintergrund: Von einem Militärkommando aus
Offenburg, das „auf Patrouille wider das Jauner und zigeuner gesindel aus
gewesen", waren 16 Personen auf dem Franckensteinschen Territorium
aufgegriffen worden, zwei Männer, fünf Frauen und neun Kinder. Die Erwachsenen
wurden verhört, und ihre Aussagen festgehalten. Aus diesen
Protokollen ergibt sich ein eindrucksvolles Bild von den Lebensverhältnissen
der Ortenauer Sinti im 18. Jahrhundert. Nicht nur die Familiennamen
sind hier dokumentiert, auch die Religionszugehörigkeit, die Wanderungen
, die Berufe und Familienverhältnisse. Da es keine unmittelbaren Zeugnisse
der Sinti jener Jahre über ihren Alltag gibt, erweisen sich diese Texte
schon allein deswegen als einzigartige kulturelle Aufzeichnungen.

Das erste Verhör galt Hans Georg Weber, 34 Jahre alt, katholisch und
gebürtig aus Wippertskirch im Breisgau, „daselbst habe er seine Göttel".
Seine Mutter lebt derzeit auf dem Rappenhof im Hanauerland. Sie heißt
„Maria, den Zunahmen wisse er nicht, man heiße sie nur die Rote". „Wer
sein Vater gewesen? Sei auch ein Zigeüner gewesen. Wo er gestorben? Zu
Kehl im Schellwerk (= Zuchthaus). Warum er ins Schellwerk gekommen?
Man habe ihn auf dem strauff (= Streife) gefangen bekommen und ohne
Verbrechen ins Schellwerk getan, sei sieben Jahr darin gewesen und endlich
gestorben. Ob er Geschwister habe? Ja, zwei Brüder und zwei
Schwestern, die Brüder seien unter den Panduren (= Soldaten), die
Schwestern bei der Mutter im Hanauerland, seien auch Zigeuner wie von
Vater und Mutter." Weber sagt, er sei verheiratet mit Christina, die mit ihm
zusammen gefangen worden sei und gerade im Kindbett läge. Geheiratet
haben sie in Wippertskirch, einer Propstei des Klosters Schuttern. „Wes
Profession er sei? Er sei Zigeüner, kenne keine Profession!" Er ernähre
sich von Betteln und vom Handel mit Tabak, und halte sich bald da, bald
dort auf, aber immer im Breisgau. „Ob er denn allerorten sicher gewesen
und habe betteln dürfen? Nicht überall, in vielen Orten sei er nicht gelitten.
Warum er sich nicht überall sehen lassen und betteln dürfe? Die Beamten
seien gar schlimm, sonderlich der zu Mahlberg. Ob er durchs Betteln allein
sich erhalten habe? Ja, allein durchs Betteln, dürfte ja nicht stehlen, ansonsten
sie gehenkt würden." Warum man ihn gefangen habe? Darauf weiß er


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