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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 81
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Die Evakuierung Strqßburgs 1939

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Eine weitere Maßnahme im geräumten Straßburg diente der Hygiene:
die Tötung der Tiere des zoologischen Gartens in der Orangerie und der
herrenlosen Hunde, Katzen, sogar Schweine, die zurückgelassen worden
waren und als hungrige Meuten durch die Straßen streunten; Großvieh,
Kühe und Ziegen kamen ins Schlachthaus.

Die Straßburger in der Dordogne

Wie aber erging es all den geflüchteten Menschen, die ihren Weg nach
Plan eingeschlagen hatten und denen, die mit Zügen zu ihren vorgesehenen
Sammelstellen gebracht worden waren? Bis hierhin funktionierte alles erstaunlich
gut. Aber der Transport von dort in das entfernte Departement
Dordogne erwies sich viel schwieriger als geplant.

Vorgesehen war, dass die Masse der Flüchtlinge nach einer Reise von
3-4 Tagen in ihren Unterkünften in der Dordogne angelangt sei. Die Realität
sah anders aus: Meist dauerte die Reise mehr als 10 Tage, ja gelegentlich
3 Wochen. Das lag nicht an Fehlern der Zivilbehörde, sondern daran,
dass in jenen Tagen der totalen Mobilmachung alle Militärfahrzeuge und
-transporte Vorrang hatten.

Greifen wir ein Einzelschicksal heraus: meine Tante, die als städtische
Sozialfürsorgerin einen regelrechten Stellungsbefehl bekommen hatte,
gleich am ersten Tag der Evakuierung umgehend nach Perigueux und Ri-
berac zu reisen, um dort ein Sozialbüro für die kommenden Flüchtlinge
zu eröffnen. Aus ihrem Tagebuch geht hervor, dass sie diesem Befehl am
3. September 13.00 Uhr nachkam und bis zur Ankunft in Perigueux acht
volle Tage brauchte mit acht Fahrtunterbrechungen und mit Übernachtungen
inmitten einer Masse von Flüchtlingen, die auf Weiterleitung, Verpflegung
und Logis warteten. Endlich angekommen am Ziel klappte aber Dank
der vorbestehenden Planung die Organisation wieder gut. In Perigueux war
die gesamte Verwaltung zentralisiert. Dort konnte die Tante zusammen mit
der örtlichen Stadtverwaltung einen hervorragenden Empfangsservice
organisieren. Verpflegung, provisorische Unterkunft, finanzielle Unterstützung
, definitive Unterkunft in den verschiedenen Städten und Dörfern der
Dordogne - dies alles lief verwaltungstechnisch reibungslos, auch später,
als die Verwaltung im Hinblick auf den kommenden Winter für Öfen,
Herde, Betten und Winterkleidung sorgen musste.

Was aber nicht reibungslos klappen konnte, war eine rasche Bewältigung
unausbleiblicher psychosozialer und sogar sprachlicher Probleme auf
der einen wie auf der andern Seite - der der Flüchtlinge und der der Einheimischen
. Die größere Zahl der Neuankommenden waren ältere Menschen
, die nicht französisch sprachen; die mittlere Generation der Männer
war ja eingezogen. Die Menschen aus der Stadt waren aus ihrem Milieu
und den gewohnten Lebensumständen herausgerissen worden; zu Hause


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