Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 200
(PDF, 115 MB)
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200

Frank Flechtmann

cken, schreibe ich aber Anitle geht es nicht gut, dann sendet keines ab bis
ich wieder schreibe, Hanni einen Gruß. Ihr werdet mir zum Zeichen, dass
ihr eines abgeschickt habt, einen Gruß von Anitle bestellen. Und nun noch
eines schreibe ich einmal ich wünsche Onkel Franz gute Besserung so bin
ich nicht mehr gesund und mir geht es nicht mehr gut. Denn hier dürfen
wir nur schreiben uns geht es gut, ja wir müssen es sogar in jedem Brief
schreiben, und wenn wir schon nicht mehr auf den Beinen stehen können,
alles ist ein Zwang ein Gut aussehen gegen draussen, aber hier ist ein
Elend unter den Menschen, das nicht mehr menschlich ist. (...)

Wenn es gelingen sollte, dass ich von Dir ein Paket erhalten kann, so
Euch dieser Brief auch erreicht, so sendet bitte Zahnpasta und eine Zahnbürste
mit, denn dies brauche ich nötig. Wein könnt ihr auch mit schicken,
denn auch den kann ich gut gebrauchen, nicht dass ich Trinker bin, aber
fürs besorgen und einen Schluck für mich ist ganz gut. Bei diesem Brief
liegt noch einen Brief mit bei von einem Bekannten hier, gebt ihn an die
Adresse weiter, die am Brief Anfang steht. Euch wünsche ich alles Gute
und hoffen wir, dass alles noch gut wird und auch alles zu unserer Zufriedenheit
ausfällt. Diesen Brief vernichtet sofort. Sei nun herzlich gegrüßt
und mache Dir keine unnötigen Sorgen. Hans "

Es hieß zwar in Himmlers Weisung „Jeder SS-Angehörige, der sich an
einem Lebensmittelpaket eines Häftlings vergreift, wird mit dem Tode bestraft
". Aber in den „Anweisungen für die Paketzensur" legte ein SS-
Hauptsturmführer in Natzweiler fest, „Nahrungsmittel, wie Haferflocken,
Maggiewürfel usw. sollen dem Schutzhaftlagerführer zur Verfügung gestellt
werden."67 Doch die trotz Verbots oft durch die Wächter geplünderten
Pakete haben den ständigen Nahrungsmangel kaum merklich beseitigen
können.

Ein Krankenpfleger, der gleich 1941 beim Aufbau des Lagers aus Dachau
kam, erinnerte sich 1945 an Natzweiler: „Die Ernährung war absolut
ungenügend, das Mittagessen völlig ungenießbar. 60 % der Lagerinsassen
wogen unter 50 kg. Der Hunger war so groß, daß die schwächsten Häftlinge
von entmenschten, mitgefangenen Häftlingen einfach deshalb erschlagen
wurden, um sich in den Besitz ihrer kärglichen Lebensmittelration zu
setzen. In einer einzigen Nacht sind in das Revier nicht weniger als 30 Erschlagene
eingeliefert worden." (Robert Leibbrand, Stuttgart)68

Es sei auch Kannibalismus vorgekommen, schreibt der holländische
NN-Gefangene Floris Bakels im Kapitel über Natzweiler: „Die Küche in
Natzweiler bekam ab und an eine Ladung Fleisch zugeteilt (...) Einmal
wurde ein Teil eines menschlichen Unterkiefers in der Suppe gefunden. Da
wurde alles deutlicher. Kannibalismus kam vor - im KZ und vor allem auf
den Transporten. Ich wurde aber nie Zeuge davon. SS-Hunde rissen bei ihren
Schlachtopfern mit Vorliebe Fleischstücke aus dem Gesäß und hinten
aus den Schenkeln."69


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