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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 335
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Der Rusler „Musikbaron"

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sehe, Christoph Willibald Gluck (1714-1787), Johann Adolf Hasse
(1699-1783) und Niccolo Jomelli (1714-1774), die um das Jahr 1790
kaum noch aktuell waren. Die aus heutiger Sicht wichtigeren und deutlich
jüngeren Joseph Haydn (1732-1809) und Wolfgang Amade Mozart
(1756-1791) erwähnt er in seinen „Beyträgen" mehrfach lobend, doch
scheinen sie ihm weniger bedeutend.

Hoch anzurechnen hingegen ist dem Musikbaron die Haltung, die er
gegenüber dem zu seiner Zeit noch florierenden Kastraten(un)wesen einnimmt
:

„Es wollen einige die Stimme eines Kastraten allen anderen Stimmen
vorziehen. - Dies fällt mir ganz unbegreiflich. (...) Es ist wohl
wahr, daß Niemand so hoch hinauf singen könne, wie ein Kastrat.
(...) Meinem Gefühl nach ziehe ich eine gute weibliche Stimme dem
Gesang eines Kastraten weit vor. - Als einst eine gewisse Dame gefragt
wurde: was sie von des gedachten Guarrieri seinem Singen
denn wohl hielte? so ertheilte selbige sehr witzig in Antwort: ,C'est
une voix, ä la quelle manque quelque chose'. "51

Dann jedoch lässt Böcklin die musikalisch-ästethischen Argumente beiseite
und fährt fort:

„Daß man vor Zeiten Kastraten machte, dies wundert mich! - von
Menschen! daß man aber annoch heutiges Tages kastrirt, hierüber
schaudere ich!! - Was ist europäische - so gepriesene Menschenliebe
? Eine Fabel. Lasset uns unsre Herzen jedem leidenden, jedem gekränkten
in der Nähe und in der Ferne öffnen, - um soviel an uns ist,
— derley Schande unsers Geschlechts, gleich jenem Schicksaal der
Neger in allen Kolonien der Europäer, - durch Wohlthun wieder zu
tilgen!"5^

Bemerkenswert ist der Musikbaron schließlich nicht zuletzt deswegen,
weil sich seine Interessen so sehr von denen mancher seiner Standesgenossen
unterschieden, deren Hauptbeschäftigung Alfred Graf von Kageneck
zufolge in der Jagd, im Kartenspiel und im Konsum geistiger Getränke bestand
. Wie gut für die Musikgeschichtsschreibung, dass es daneben auch
einen Franz Friedrich Böcklin von Böcklinsau gab, der sich nicht nur Gedanken
zur Musik machte, sondern diese festhielt und so der Nachwelt
überlieferte.

Franz Friedrich Sigismund August Freiherr Böcklin von Böcklinsau war
in Sachen Musik ein ambitionierter Laie - mehr konnte er nicht sein, da er
als Oberhaupt einer adeligen Familie und Besitzer eines Rittergutes andere
Schwerpunkte in seinem Leben setzen musste. Mehr als ein Liebhaber der


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