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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 389
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Sklavenarbeit in Offenburg: Der Weg des KZ-Häftlings Marko Moskowitz

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Angesichts der herannahenden französischen Truppen beschloss das SS-
Wachpersonal, die KZ-Häftlinge aus der Stadt abzuziehen. In diesem Zusammenhang
kam es am 12. April 1945 zu einem schrecklichen Massaker,
dem 41 Häftlinge des Arbeitskommandos zum Opfer fielen. Diese waren
von der SS als nicht mehr transportfähig für die bevorstehende Evakuierung
betrachtet worden. Im Keller des Gefangenenlagers wurden die Häftlinge
von SS-Leuten, Kapos und Blockältesten auf grausame Weise ermordet
. Entsprechend der falschen Lokalisierung des Lagers wurde auch angenommen
, das Massaker vom 12. April 1945 habe sich in der „Ihlenfeldkaserne
" abgespielt, es passierte jedoch im Lagergebäude in der Artilleriekaserne
.38

Die anderen Häftlinge wurden noch am selben Tag mit dem Zug nach
Südosten in den Schwarzwald transportiert. Nach einem mehrtägigen
Zwischenaufenthalt in Hüfingen gelang den Häftlingen in der Nähe von
Geisingen die Flucht, da sich ihre Bewacher abgesetzt hatten. Marko Moskowitz
erinnerte sich: „We ran into a forest, the Black Forest, and there we
were liberated by the French."39 Nach eigenen Angaben wog er selbst zu
diesem Zeitpunkt bei einer Körpergröße von 1,70 m nur noch 32 Kilo.40
Diese Mitteilung lässt erahnen, welchen Strapazen und Qualen er in seiner
Zeit in den nationalsozialistischen Lagern und zuletzt in Offenburg ausgesetzt
war.

„ / have no one at home "

Nach seiner Befreiung hielt sich Moskowitz die nächsten drei Monate in
Immendingen in der Nähe von Geisingen auf, wo er und viele andere ehemalige
Häftlinge in den verlassenen Häusern der deutschen Dorfbewohner
nach Nahrung suchten.41 Danach begab er sich weiter nach Regensburg,
und von dort aus nach München, wo er einen Verwandten aus seiner Heimatstadt
Solotwina wieder traf. Dieser berichtete ihm vom Schicksal seines
Vaters und seiner Bruders: Auch sie waren ermordet worden. In München
erlebte Moskowitz im Mai 1945 das Kriegsende. Nachdem es ihm zur
Gewissheit geworden war, dass er als Einziger seiner Familie den Holocaust
überlebt hatte, ließ er sich von den Amerikanern nach Turin bringen:
„I was told that I have no one at home ... what shall I go home for? So I
came to Italy."42 Schließlich fasste Moskowitz den Entschluss, nach Frankreich
zu reisen, um dort in einem DP-Lager eine kaufmännische Ausbildung
zu absolvieren. Zu Fuß [!] überquerte er deshalb die Alpenpässe in
Richtung Frankreich, um danach mit dem Zug nach Paris weiterzufahren.43
Das Treffen zwischen dem damals 19-jährigen Zeitzeugen und David P.
Boder in Paris, eineinviertel Jahre nach der Befreiung der Offenburger
Häftlinge, ist bislang die letzte biographische Spur, die von Marko Moskowitz
vorliegt. Was ist aus ihm geworden? Welchen Weg hat er danach ein-


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