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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 434
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Walter Ernst Schäfer

Die Grimmelshausenfeier am 17. August 1876

Das Fest in Renchen trug das charakteristische Wilhelminische Gepräge.
Am Vorabend wurden die Renchener durch „Böllerschüsse und Zapfenstreich
" aufmerksam gemacht.18 Am Festtag selbst empfing man feierlich
die auswärtigen Gäste am Bahnhof Renchen und geleitete sie zur „Aus-
theilung der Festzeichen durch die Festjungfrauen" in die Graf'sche Halle,
wo sich um halb elf Uhr der Festzug aufstellte, der durch die fahnen- und
girlandengeschmückte Hauptstraße zum Rathaus ging. Dort kredenzten die
Festjungfrauen den Ehrenwein. Gegen Mittag bewegte sich der Zug - an
die dreihundert Leute - auf den zum Festplatz hergerichteten Friedhof neben
der Kirche. Musikalisch umrahmt vom Männerchor des Liederkranzes
hielt Amand Goegg eine Ansprache. Die eigentliche Festrede war Friedrich
Geßler aus Lahr übertragen. Das Festessen war für zwei Uhr nachmittags
angesetzt und zog sich unter dem gutgelaunten Tafelpräsidenten Ludwig
Eichrodt bis weit in den Nachmittag hinein. Den Abend füllten „Bankette
mit Musik" in den Biergärten. Ein Feuerwerk vom Schlossberg be-
schloss den Tag.

Es waren nicht allein der Zapfenstreich und die Böllerschüsse, die dem
Fest ein gewisses militärisches Gepräge gaben, es war auch der Veteranenverein
, der wie der Bürgerverein mit seiner Fahne am Festzug teilnahm. Er
durfte nach den Siegesfeiern von 1871 nicht fehlen. Über den Friedhof
hallte das Pathos der Weihegesänge: „Das ist der Tag des Herrn" von Konradin
Kreutzer, aber dann doch auch ein Chorgesang, der an die Zeit Grimmelshausens
, an den Dreißigjährigen Krieg, erinnerte, „Nun danket alle
Gott" von Martin Rinckart 1636 gedichtet. In der zweiten Hälfte des Tages
kamen die leiblichen Genüsse nicht zu kurz, wie alle Berichterstatter in
Zeitungen lobend erwähnen. Schon beim Umtrunk am Morgen wurde ein
charakteristischer Wein der Gegend gereicht, ein Klingeiberger (womöglich
aus Oberkirch, das man damals noch nicht als Grimmelshausenort anerkannt
hatte).

Der Wortlaut der beiden Reden von Amand Goegg und Friedrich Geßler
ist nicht überliefert. Zeitungsberichten kann man entnehmen, dass Goegg
sich vorgenommen hatte, den Lebenslauf Grimmelshausens mit dem
Schwerpunkt auf der Renchener Zeit zu umreißen. Die politischen Untertöne
waren verhaltener als in der Vorbereitungsphase des Festes. Die
Karlsruher Zeitung - ein regierungstreues Blatt - bescheinigte Goegg:

Er gab in volksthümlicher, tendenzfreier, eindringlicher Rede ein Lebensbild
Grimmelshausens.^

Offenbar hatte man mit dem Blick auf seine revolutionäre Vergangenheit
Befürchtungen gehabt. Ein kurioses Detail seiner Ansprache hat der Germanist
Erich Schmidt, Dozent an der Universität Straßburg, überliefert:20


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