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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
84. Jahresband.2004
Seite: 577
(PDF, 115 MB)
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Jahresbericht 2003/2004

577

wurden. So überraschte der Entdecker Walter Ernst Schäfer 2001 die internationale Germanistik
mit der ersten Edition der Epigramme von Moscherosch aus dem Jahre 1630. Diese
Epigramme waren bis dato unbekannt und manch einer verneinte sogar deren Existenz
strikt. Der badische Germanist hatte wieder einmal als Geograph der Germanistik im südwestdeutschen
Raum Spürsinn bei der Suche in abgelegenen Orten, wo Bücher gesammelt
und bis heute unberührt verwart werden, bewiesen, und so zur Präzisierung und Abrundung
der kulturellen Vergangenheit beigetragen, notwendige Voraussetzung, um auch unsere
Gegenwart besser zu fokussieren.

Die Grimmelshausen-Forschung beschenkte Walter Ernst Schäfer in den letzten Jahren
mit einer weiteren Entdeckung. Seitdem 1939 Manfred Koschlig meinte, in Georg Andreas
Dollhopf den zweiten Verleger Grimmelshausens namhaft machen zu können, waren Generationen
von Forschern auf der Suche nach Dokumenten, die diese These stützen oder
widerlegen könnten. Alle waren erfolglos, bis auf Walter Ernst Schäfer. Dieser konnte in
der Straßburger National- und Universitätsbibliothek Verlagskataloge des Hauses Dollhopf
ausfindig machen, die vieles in der komplexen Druckgeschichte der Barockeditionen von
Grimmelshausens Schriften zwar nicht gänzlich klärt, aber die These zweier auf einander
folgender Verleger Grimmelshausens (1667 bis zum Jahreswechsel 1671/2 Wolf Eberhard
Felßecker, danach bis 1676 Georg Andreas Dollhopf) wohl endgültig ad acta legt.

Ein weiterer verdienstvoller Beitrag für die Grimmelshausen-Forschung ist der Aufsatz
zur Rezeption des Teulschen Friedens-Raht (1672) von Claus von Schauenburg, den Grimmelshausen
redigierte, im Elsass anno 1777. Nachdem Manfred Koschlig 1977 auf den „Patriotischen
Elsässer" aufmerksam gemacht hatte, kann Walter Ernst Schäfer dank seiner
hervorragenden Kenntnis der Lokalgeschichte, die Hintergründe der Beschäftigung mit dieser
Schrift nach gut einem Jahrhundert ausleuchten. Wenn er zu dem abschließenden Ergebnis
kommt, dass der Teutsche Friedens-Raht Y1T1 als ein „Zeugnis der den Rhein übergreifenden
Zusammengehörigkeit der kulturellen Sphären" des Elsass und der Ortenau Interesse
erweckte, so beschreibt Walter Ernst Schäfer damit gleichzeitig einen der Beweggründe
auch seiner Forschungen. Als einer der wenigen hat er sich der Literatur am Oberrhein als
Teil der europäischen Literatur in der frühen Neuzeit mit großer Liebe, viel Wissen und immer
neuem Elan gewidmet. Die Organisation und Leitung des letzten Treffens der Grimmelshausen
-Gesellschaft unter dem Thema „Grimmelshausen in seiner regionalen Umwelt"
zusammen mit Wilhelm Kühlmann bezeugte dies wiederum eindrucksvoll.

Die drei erwähnten Beiträge sollen die ganze Liste der Publikationen der letzten fünf
Jahre keineswegs in den Hintergrund treten lassen, sondern nur stellvertretend andeuten,
wie viel die Forschung in Archiven und Bibliotheken noch entdecken kann, gesetzt, dass
man weiß, wo man zu graben hat. Schließlich will ich noch auf den zeitlich letzten Beitrag
von Walter Ernst Schäfer hinweisen, weil er, obwohl mit dem Datum 2004 in der Zeitschrift
Morgen-Glantz erscheinend, tatsächlich im Frühherbst 2003 verfasst wurde und daher chronologisch
hierhin gehört. Er ist seinem geliebten Moscherosch gewidmet und informiert
sachlich und wohlwollend über die Moscherosch-Forschung im letzten Jahrzehnt. Den Forschungsbericht
kennzeichnet Belesenheit und präzises Urteilsvermögen, er demonstriert
nochmals, dass zu den wichtigsten Forschungsaufgaben eines Professors, der auch als Rentner
nie aufhört einer zu sein, auch die wissenschaftliche Information gehört und dass man
diese souverän nach dem Vorbild der Acta Eruditorum zu Leipzig im späten 17. und frühen
18. Jahrhundert bewältigen kann, d. h. Orientierung am Objekt, ohne viel zu loben und ohne
viel zu tadeln, wohl aber mit dem Ziel, ausführlich und präzise die verschiedenen Ergebnisse
wertend zu vergleichen und unterkühlt darzubieten, damit der Leser über das Besprochene
mehr als über den Besprechenden erfährt, wenn er auch nur durch diesen am Ende
weiser geworden ist. Ich will diese löbliche wissenschaftliche Didaxe sowohl aus dem


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