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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 19
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2005/0019
Die Visitationen der Straßbiirger Kirchenpräsidenten

19

Schmidt. Er war zwar strenger Lutheraner, aber frei von orthodoxer Enge
und um Ausgleich der Konfessionen bemüht, ja, seine Position wurde von
theologischen Kollegen, darunter auch Johann Konrad Dannhauer, wegen
dieser irenischen Gesinnung in Frage gestellt.30 So beschied er wegen der
beiden angezeigten katholischen Frauen:

Die Päpstliche Weiber, weil sie niemand mit lästerung unser Christlichen
religion ärgernuß geben, zumal die Predigten fleissig besuchen
, hat man zu toleriren und mit freundlichem gespräch zu gewinnen
Herren Pfarrer anbefohlen.

Die Ireniker innerhalb der Lutherischen Kirche empfahlen Dezenz und
„Lindigkeit" mit andersgläubigen Untertanen.

Johann Schmidt war ein Theologe der praktischen Seelsorge und der
Religionspädagogik. Den Hauptanteil seiner hinterlassenen Schriften nehmen
Predigtsammlungen ein. Dogmatik und Apologetik, in denen sich die
strengen Orthodoxen auszeichneten, lagen ihm weniger. In den sieben Gemeinden
des Stadtbezirks Straßburg hatte er - gegen Widerstand von Teilen
des Adels und der Studenten - Reformen durchgeführt, die auf eine
Intensivierung des religiösen Lebens innerhalb der Familien zielten, in Bibellesungen
und Hausandachten. Neuartige Erbauungsbücher, auch in
Übersetzungen aus dem englischen Puritanismus, sollten dazu dienen.31

Der Visitationsbericht von 1653 gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass
er auch in den Landgemeinden die religiöse Praxis in solchem Sinn zu beeinflussen
suchte. Das religiöse Bewusstsein der Landbewohner war nach
der langen Kriegszeit wohl zu schwach ausgeprägt und auf den Gottesdienst
in der Kirche konzentriert, als dass an Reformmaßnahmen darüber
hinaus zu denken gewesen wäre.

Von ganz anderer geistiger Statur war Johann Konrad Dannhauer, der
die Visitation sieben Jahre später, 1660, leitete. Seine Stärke waren Dogmatik
, Apologetik und Ethik, ja, er gilt als der größte Streittheologe unter
den Straßburger Professoren. Er kämpfte in Schriften und Disputen gegen
Katholiken, Kalvinisten, humanistische und irenische Vermittlungstheologen
, gegen Wiedertäufer und „Enthusiasten", d.h. spirituell Erleuchtete.
Seine Vorbildung befähigte ihn dazu. Er hatte in der Hochburg lutherischer
Orthodoxie, in Jena, studiert und seine Fähigkeiten in Rhetorik und Dialektik
ausgebildet. So hatte er auch in Straßburg zunächst eine Professur für
Rhetorik besetzt und erst danach, 1633, auf einen theologischen Lehrstuhl
überwechseln können. Einem breiteren Publikum ist er nur noch durch seine
Polemik gegen den Brauch des „heidnischen" Tannenbaums - der im
Elsass zu dieser Zeit aufkam - bekannt.32

Sein Visitationsbericht ist in anderer Weise strukturiert als der Johann
Schmidts. Er fasst zunächst in einem größeren Teil die Befunde aus allen


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