http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2005/0020
20
Walter E. Schäfer
besuchten Gemeinden, darunter auch elsässischen, zusammen. Unter den
nicht wenigen Mängeln, die Dannhauer auffielen, nimmt der Katechismusunterricht
einen zentralen Platz ein. Dannhauer gesteht zwar zu, dass die
Jugendlichen Bibel und Katechismus auswendig herzusagen wissen, dass
aber das Verstehen des Rezitierten sehr zu wünschen übrig lässt. In seiner
bilderreichen Sprache:33
Zwar dem Wortlaut undt blossen Buchstaben nach, bestehen die Zuhörer
fast alle undt allenthalben wohl; tringt man aber auff den eigentlichen
Verstandt der Catechismus-Wortt, auff die Beweyß eines
undt des andern articul der Christlichen Lehr, auß der Schrifft, das
gewißen damit zu versichern, auff die Lehr- und Trostquellen, so in
jedem articul begriffen, und wie man sich, wieder der falschglaubi-
gen Irrthumb und Verführungen zu verwahren habe: fragt man zum
Exempel, weil nur ein Gott, Undt drey Personen: Was ist dann, auff
Teutsch, Ein Person, Undt woher wissen wir, dass solcher Personen
drey seyen ...
- Das heißt ein wenig viel verlangt, die Dreieinigkeit dogmatisch zu begründen
.
Besonders an der Kirchenzucht hat Dannhauer allerhand auszusetzen.
Da kommt die alte Klage über das Fluchen und Schwören, aber auch über
die Dienstboten, dass sie manchmal "über acht Tag lang" [?] in den Wirtshäusern
sitzen. Wie in manchen seiner Predigten eifert Dannhauer gegen
volkstümliche Bräuche und Sitten:
Das ärgerliche Leitersteigen (also wohl Fensterin; W.E.Sch.) und die
winterliche Kunckelstuben, gehören auch unter die Generalclagen,
weil sie fast an allen orthen, sonderlich diese, sollen versamblet
werden zwischen Knaben und Mägdlein: da dann allerhand anreit-
zungen zum Bösen, bevorab eitel Wortwechsel undt Narrenthädingen
(närrische Handlungen; W.E.Sch.) vorgehen, davon St. Paulus
schreibt, 1. Cor. 15,23. Laßet euch nicht verführen: Böse geschwätz
verderben guthe Sitten.
Doch an dieser Front des populären Brauchtums kämpfte Dannhauer wohl
vergebens. Die Zeit der Kunkelstuben und des „Zu Stube-gehens" brach in
den folgenden Jahrzehnten erst an. Nicht alle Regelungen, die für die sittenstrenge
Stadt Straßburg - für ihre gute Policey gerühmt - galten, ließen
sich auf die Landbevölkerung übertragen.34
Mit seinen Kommissionskollegen traf der Kirchenpräsident am 12. Juni
1660, am Dienstag nach Pfingsten, in Nonnenweier ein. Den Straßburger
Magistrat vertrat Nikolaus Junt, Ratsherr aus dem Gremium der Drei-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2005/0020