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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 28
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Ludwig Uibel

zeigt, so ist doch in diesen Zeilen ein Teil ehrlicher Freude zu spüren, denn
in diesen Zeiten entschied der reibungslose Erbgang der Regentschaft oft
über Krieg und Frieden. Deshalb waren Erbprinzen Garanten einer friedlichen
Zukunft. Vier Jahre später hatte Pfarrer Neßler Gelegenheit, das erbprinzliche
Kind zu sehen: „Weil ich mich eben diesen Tag zu Buchsweiler
befand, so hatte ich das Glück dieselben (die fürstlichen Kinder) zu sehen
und die Ehre und Gnade selbigen Abend an ihrer Tafel zu speisen. Gott erhalte
diese liebenswürdige Jugend in allem hohen Wohlsein." Noch im
Jahre seines Dienstantritts hatte Pfarrer Neßler ganz im Sinne des Stifters
für den Vorrang der lokalen Begebenheiten in der Chronik plädiert. Doch
mit dem Beginn des siebenjährigen Kriegs (1756-1763) hatte sich in ihm
ein totaler Wandel dieser Meinung vollzogen. Jetzt tat er genau das, was er
drei Jahre vorher verurteilt hatte: Der „furor historicus" hatte ihn ergriffen,
Auf nicht weniger als 24 Seiten beschrieb er die Ereignisse dieses Waffengangs
, auch jenseits des Atlantiks, in der Karibik und Kanada. Auch die
Ereignisse in Spanien und Portugal kamen nicht zu kurz. Es muss aber gerechterweise
hinzugefügt werden, dass die Aufzeichnungen über die örtlichen
Vorkommnisse nicht vernachlässigt wurden. Als Kriegshistoriker
ließ Pfarrer Neßler nur wenig Persönliches einfließen. Angesichts der dreifachen
Übermacht der Gegner Friedrichs des Großen im Jahre 1757 drückte
er seine Bewunderung des Preußenkönigs so aus: „Auf eine ganz außerordentliche
Art hat er sich herumgeschmissen." Ein schlechtes Zeugnis
stellte der Chronist den Schweden aus: Er bezichtigte sie zweimal, „im
Trüben zu fischen". Darunter verstand er offenbar die Art der schwedischen
Truppen, mit geringem Einsatz und geringem Risiko möglichst viele
Kontributionen zu erpressen (1757 und 1758). Bei Widerstand wären sie
sofort umgekehrt oder sie hätten sich wie 1761, „mit hin- und herziehn beschäftigt
."

Es ist verständlich, dass bei den starken religiösen Bindungen der Menschen
jener Zeit und der engen Verbindung von Thron und Altar ein militärischer
Sieg auch in Dankgottesdiensten seinen Ausdruck fand. Als am
22. November 1757 die Preußen die Stadt Breslau übergaben, „wurde zu
Wien mit größter Freude 2mal das Tedeum abgesungen." Der Geistliche
im Chronisten war aber doch peinlich berührt, als eine Armeeführung eine
Niederlage als einen Sieg ausgab, indem sie das Tedeum anordnete. Da
wurde Gott wider besseres Wissen zum Nothelfer bei der Stützung der
Truppenmoral gemacht:

„... (Am) 25. und 26. (August 1758) griff er die Russen mit einer solchen
Force an, daß eine entsetzliche Niederlage derselben erfolgte ... Cüs-
trin (wurde) befreit ... Das merkwürdigste war dabei, daß dieser Sieg (der
Preußen) bei der österreichischen Armee, zu Wien und Petersburg, das Tedeum
wegen dieser Schlacht mit allen Solennitäten gesungen wurde, darüber
sich jedermann verwunderte."


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