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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 51
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Eine Kindheit und Jugend im Hanauerland

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nicht alles mutwillig zerschlagen werde, vergruben wir den Koffer auf dem
Äckerlein dicht hinter der Küche. Ein zweiter Koffer wurde mit dem feinsten
Leinenzeug bepackt und in dem trockenen Bienenstand vergraben. Die
Großmutter ließ mich ebenfalls ihr bestes Leinen verpacken und dazu ihre
reizenden Pastellportraits. Diese Kiste kam in dem Holzschopf unter die
Erde. Der Kirchendiener half bei dem Eingraben, das möglichst still und
ganz ohne Licht in der Nacht vorgenommen wurde. Doch ein bißchen
Romantik im Elend!

Romantisch war es auch, daß vor der Sprengung etwa 400 Männer von
Kork mit Schaufeln und Hacken vorbeizogen, um die Bahnstrecke bei Kehl
zu zerstören. Sie sangen: „Morgenrot! Morgenrot! Leuchtest mir zum frühen
Tod!"

Die Männer, die in den Krieg ziehen mußten, hatten sich nach Rastatt zu
ihrer Garnison zu begeben. Nach der Einberufung blieb ihnen noch ein
Abend und eine Nacht, ehe ihr Zug fuhr. Manche sind noch schnell ins
Pfarrhaus gekommen und haben dem Vater die Hand gedrückt zum Abschied
. Alle waren in ernster, würdiger Verfassung voller ruhiger Entschlossenheit
. Ebenso die Frauen und die Eltern. Es war merkwürdig still
im Dorf an diesem Abend, während sonst jedes besondere Ereignis großen
Spektakel erzeugte. Von einem der Einberufenen hat mir unser Schuhmacher
erzählt. Der war ein fremder Knecht und sei manchmal nach Feierabend
eine Weile bei ihm gesessen. Auch an diesem Abschiedabend sei er
gekommen und habe bitterlich geweint. Als der Schuhmacher ihm habe
Mut machen wollen, habe der Knecht gerufen „Das ist's ja nicht! Ich
fürcht mich nicht vor dem Sterben - aber daß es keinem Menschen was
ausmacht, ob ich heimkomme oder draußen bleibe, das drückt mirs Herz
ab!" Er war eine Waise. In Rastatt, noch ehe es zum Ausrücken kam, ist
der Knecht an einer schnellen Krankheit gestorben.

Ein Brandstifter im Dorf

Als die Reservisten weg waren, wurden die Korker Einwohner unruhig;
Kork stand zwar unter Kriegsrecht, aber kein Soldat war im Dorf. Die Korker
glaubten sich „von oben" im Stich gelassen. Als jetzt noch im Haus der
Familie Thorwart (Herrenstraße 27) Feuer ausbrach, kam das Gerücht auf,
dass französische „Spione" am Werk seien. Die Löschmannschaft war bald
zur Stelle, aber das Feuer war so stark, dass das Haus nicht mehr zu retten
war, und die Flammen die umliegenden Häuser bedrohten. Der Korker
Amtmann Flad befahl der Löschmannschaft, das Wasser nur noch auf die
Nachbarhäuser zu richten. Diese gehorchte jedoch erst, als er seine Amtsschärpe
anlegte, die ihm nach dem Kriegsrecht volle Befehlsgewalt verlieh.
Eine kleine Truppe Soldaten aus Württemberg, die sich für kurze Zeit im
Ort befand, beteiligte sich an der Brandwache. Als nach einigen Tagen


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