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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 64
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Hans Herrmann

Liebesgaben wurden an die Lazarette und für die Dragoner geliefert.
Nicht immer waren sie ein Ruhm für die Geber. Von einer Weinsendung
wurde behauptet, sie sei in einem Petroleumbehälter gekommen. Die Liebeszigarren
von anno 1870 hatten allgemein einen üblen Ruf.

Merkwürdig war, wie lang es dauerte, bis wir Text und Melodie von der
„ Wacht am Rhein " in Kork kennen lernten. In allen Zeitungen stand von
der flammenden Begeisterung, mit der man das Lied überall sang, aber
wen man auch fragte, niemand wußte mehr davon als den Kehrreim: „Lieb
Vaterland magst ruhig sein, fest steht und treu die Wacht am Rhein."

Beschämend gering waren die Kriegszeitungen. Gottlob, unsere Dragoner
waren keine solche „Helden", wie sie da gezeigt wurden. Es fiel ihnen
auch nicht ein, rohe Witze über den Feind zu machen.

Es wunderte mich, daß es keine Gedichte gab, die an Körner, Arndt und
Schenkendorf hinreichten. Die Ausbeute aus dem ganzen Krieg für unser
Haus sind einige ganz wenige Gedichte geblieben. Wichtig als bleibendes
Zitat waren die ersten zwei Zeilen aus dem Kutschkelied: „ Was kraucht
denn da im Busch herum ? Ich glaub, es ist Napolium. "

Und das „König Wilhelm saß ganz heiter", welches uns Kindern später
oft zu Aufführungen drastischer Art, ohne jeglichen Zuschauer dienen mußte
. Von den ernsten Gedichten gefielen uns so recht nur „Die Rosse von
Gravelotte" und Geibels pathetisches „Hurra, du schönes, stolzes Weib,
Hurra Germania!"

Großherzogs Geburtstag

Am 9. September war Großherzogs Geburtstag. Der Vater bekam den Auftrag
, einen Feldgottesdienst zu halten und einen katholischen Geistlichen
zur Mitwirkung zu suchen. Er wählte Pfarrer Weiß von Urloffen. Dieser
hatte einen guten Namen bei den evangelischen Geistlichen, obgleich ihn
keiner persönlich kannte. Pfarrer Weiß sagte hocherfreut seine Teilnahme
an dem Gottesdienst zu. Dr. Eimer nahm zu der Feier seine Frau, zwei Onkel
derselben und mich mit. Der Gottesdienst fand auf der Wiese dicht hinter
Neumühl statt, rechts von der Landstraße, die nach Kehl führt. Es war
wundervoll. Das einzige, was mir mißfiel, war, daß Pfarrer Weiß unmittelbar
nach der Feier sein Amtsgewand vor aller Augen abstreifte. Es muß
wohl eine kirchliche Vorschrift gewesen sein, die ihn dazu nötigte. Der Vater
legte seinen Talar in einem Hause ab.

Es wurde an jenem Morgen wenig geschossen, und Dr. Eimer schlug
seinem Trüpplein vor zu versuchen, es nach Kehl hineinzubringen. Der Vater
gab mir gern die Erlaubnis. Nach einigem Hin- und Herreden ließ uns
der Wachtposten in Kehl die Stadt betreten. Außer diesem Posten begegneten
wir keiner Seele. Totenstille lagerte über der zerstörten Stadt, nur von
der Straßburger Seite hörten wir einige Schüsse. Ich erkannte Rittershofers


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