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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 76
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Hans Herrmann

Betten gejagt und uns darein gelegt. Einmal bin ich in eine Stube gekommen
, da ist ein Weibsbild im Bett gelegen. Ich habe ein bißchen Französisch
gelernt da drüben. „Sortez! Raus!" habe ich gebrüllt. Sie hat sich aber
nicht gerührt. Da hab ich sie am Arm gepackt und hab sie rausschmeißen
wollen. Aber auf einmal hab' ich gesehen, daß sie die Blattern hat. Da bin
ich aber weg von dem Bett!" - Alle Schrecken des 30jährigen Krieges
tauchten blitzschnell vor mir auf in diesem Augenblick. War der wilde Rothart
, der da neben mir saß, ein Söldner des Tilly? Des Wallenstein?

Das ganze Dorf wußte, daß im Pfarrhaus „der wüsteste Kerl von der
ganzen Armee" einquartiert sei. Er selber renommierte überall damit, bemühte
sich aber, uns durch Höflichkeit zu imponieren. Er hat uns zu Ehren
es unterlassen, sich am ersten Abend in Deutschland zu betrinken, wie
doch eigentlich seine Absicht war. Der Abschied bestand in kraftvollem
Händedrücken und landsknechtmäßigen Beteuerungen seiner Dankbarkeit
für die gute Aufnahme.

Unter den vielen, vielen Soldaten und Offizieren, die in dieser Zeit unter
unserm Dach waren, befand sich nur ein einziger, den ich für einen
schlechten und gemeinen Menschen hielt. Es war ein Offizier. Er erzählte
an unserem Tisch von einer frivolen Handlung, die er in Frankreich begangen
hatte, wie von einem guten Witz, und er war richtig enttäuscht, daß er
mit seiner Erzählung so gar keinen Lacherfolg hatte. Zu meiner unendlichen
Befriedigung hörte ich später, daß eben dieser Offizier etwa ein Jahr
nach dem Krieg aus dem Heer entlassen worden ist.

Sonst sind es schöne und gute Eindrücke, welche die Heimkehrenden
hinterlassen haben. Wohl die allerwenigsten mögen aus jenem kurzen
Krieg ein böses Gewissen mitgebracht haben. Ich kann mich eigentlich nur
an offene, glückliche und gerührte Gesichter erinnern. Dennoch und trotz
des großen Erfolgs habe ich mir seit anno 1871 sehnlich gewünscht zu
sterben, ehe Deutschland wieder in einen Krieg verwickelt würde.

Feier des 100. Geburtstages von Kirchenrat Fecht

Gleich nach dem Krieg wurde in Kork ein großes Fest gefeiert.

Pfarrer Schellenberg war 1848 beim alten Dekan Gottlieb Fecht Vikar
gewesen; seitdem war er mit der Familie Fecht, die in Kork bis heute einen
eigenen Begräbnisplatz hat, freundschaftlich verbunden. Am 100. Geburtstag
(7.3.1871) von Gottlieb Fecht lud Frau Grunelius, eine Tochter Fechts,
zu einem großen Fest in die „Krone" ein. Die ganze Fechtfamilie, Pfarrer
Schellenberg und einige Ehrengäste tagten im oberen Saal, während unten
im Gasthaus alle Dorfbewohner eingeladen waren, die in irgendeinem
Dienstverhältnis zur Familie Fecht gestanden hatten, und sämtliche armen
Leute, die älter als 70 Jahre waren. Die Gäste hielten launige Reden, und
alle hatten viel Spaß an diesem Tag.


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