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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 86
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86

Ludwig Baumann

Die Verbannung

Pfarrer Ludwig Müller hat am Fest Maria Geburt, dem 8. September 1939,
eine Woche nach Kriegsausbruch, in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Nesselried
eine Predigt gehalten, in der er ausführte, dass im Deutschen Vaterland
furchtbare Dinge geschehen, deshalb sei der Krieg eine Strafe Gottes.
Obwohl der Seelsorger wusste, dass unter den zahlreichen Gläubigen auch
Nazis waren, scheute er sich nicht, offen über die Zeitverhältnisse zu reden
. Pfarrer Ludwig Müller wurde bei der Gestapo angezeigt. Von der geheimen
Staatspolizei wurde er wenige Tage später verhört. Das Verhör
fand im Rathaus Nußbach statt. Am 11. Oktober 1939 erhielt das Erzbischöfliche
Ordinariat Freiburg folgendes Schreiben vom Ministerium des
Kultus und Unterrichts:

„Karlsruhe, den 5. Oktober 1939,
Pfarrer Ludwig Müller in Nußbach:

Pfarrer Ludwig Müller hat am 8. September in der Pfarrkirche zu
Nesselried eine Predigt gehalten, in der er dem Sinne nach ausführte
: Im deutschen Vaterland seien furchtbare Dinge geschehen, deshalb
sei der Krieg eine gerechte Strafe Gottes. Pfarrer Müller wollte
damit zum Ausdruck bringen, daß jede Sünde eine gerechte Strafe
Gottes verdienen würde. Seine diesbezügliche Bemerkung über
Deutschland hat bei den Zuhörern größte Empörung ausgelöst. Eine
Äußerung, wie sie der Geistliche getan hat, ist aber auch geeignet,
das Vertrauen des Volkes und seinen Glauben an das unbedingte
Recht der deutschen Sache zu gefährden. Gerade in der heutigen
Zeit müssen Versuche einer derartigen Gefährdung unter allen Umständen
vereitelt werden. Da bei Pfarrer Müller eine Wiederholung
derartiger Versuche zu befürchten ist, muß ich nachdrücklich darum
ersuchen, den Pfarrer Müller - übrigens auch schon mit Rücksicht
auf sein Alter - aus der Seelsorge zurückzuziehen. Von der dort ergehenden
Entschließung wolle baldmöglich Kenntnis gegeben werden
.

Im Auftrag
(Unterschrift)"

Am 13. Oktober 1939 richtete das Erzbischöfliche Ordinariat Freiburg an
den Herrn Minister des Kultus und Unterrichts das folgende Schreiben:

„Auf das dortseitige Schreiben vom 5. Oktober vermag ich erst dann
einzugehen, wenn mir die Predigt, die Pfarrer Ludwig Müller am
8. September ds. Js. in der Pfarrkirche zu Nesselried gehalten haben
soll, nicht bloß dem Sinne nach, sondern dem Wortlaute nach vor-


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