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Heinz G. Huber
„Das Stufenalter des Mannes" (Druck aus dem 19. Jahrhundert). Jede l^ebens-
phase stellt einen konstitutiven Bestandteil des Lebens dar.
und Totengedenken bleibt „keine Zeit" mehr, auch weil eine nomadische
Gesellschaft diese nicht mehr möglich machen. Der Psychoanalytiker
Richter sieht wesentlich die pathologischen Elemente der „Kultur" der
Moderne - nämlich Leidensverleugnung, Flucht in eine oberflächliche
„Partykultur", Risikodrang und Jugendwahn, die Hoffnung auf eine unsterblich
machende medizinische Wissenschaft - bedingt durch die latente
Verdrängung des Todes.
Spiegel des Umgangs mit dem Tod sind die Wandlungen der Bestattungsbräuche
. Generell nehmen Feuerbestattungen, die erst in den 1870er
Jahren gegen den Widerstand der Kirchen erlaubt wurden, zu.6 Häufig werden
heute dafür ökologische und hygienische Gründe angeführt. Die Asche
wird anonym auf Waldfriedhöfen zerstreut, im Meer versenkt und vereinzelt
sogar ins Weltall befördert. Der Tote hat keinen Ort mehr, die Lebenden
sind nicht mehr mit Gräbern und der sinnlichen Erfahrung von Verfall
konfrontiert. In Nordrhein-Westfalen wurde durch ein neues Gesetz der
Sargzwang für Erdbestattungen abgeschafft und der Friedhofszwang für
Leichen aufgehoben.7 Der klassische Friedhof wird in Zukunft nur noch ei-
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