Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 104
(PDF, 123 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2005/0104
104

Heinz G. Huber

Informationscharakter, sie verlieh dem Verstorbenen eine Art Nachruhm.
Gedrucktes besaß einen „Hauch von Ewigkeit und Dauer".29 Vor allem reiche
Hofbauern aus dem Renchtal leisteten sich aus wohl eher repräsentativen
Gründen den Luxus einer großformatigen Anzeige.

Heute scheint eine andere Funktion in den Vordergrund zu rücken: Die
Todesanzeige ist für die Hinterbliebenen ein wichtiges Mittel, ihrer Trauer
öffentlich Ausdruck zu geben. Für Sterben, Tod und Trauer gibt es häufig
keine individuelle Sprachform mehr. Im Verlauf des Zivilisationsprozesses
mussten die Menschen - so Norbert Elias - die Selbstkontrolle bewahren,
sie haben es verlernt, sich emotional auszudrücken. Konventionelle Redewendungen
dagegen werden heute als inhaltslos und stereotyp empfunden
.30 Das gilt und galt schon immer für Todeszeigen. Häufig bieten
Bestattungsunternehmen standardisierte Formulare an. Kirchengemeinden
haben sich bemüht, Formulierungshilfe zu leisten und den Todesanzeigen
einen christlichen Charakter zu vermitteln.31 Heute ist für viele Hinterbliebene
die Todesanzeige zu einer Herausforderung geworden, zum letzten
Mal für ihren Angehörigen ein persönliches Wort zu finden.

Leichentransport und Bestattung als Gemeinschaftsaufgabe

Der Tod eines Menschen war eine Herausforderung für die Gemeinschaft,
zugleich aber auch die Chance, sich im Zusammenhalt zu bewähren. Die
Polizeiordnung des vorderösterreichischen Gerichts Appenweier von 1608,
zu welchem die Dörfer Nußbach, Zusenhofen, Urloffen, Zimmern, Herztal,
Nesselried und ein Teil des Bottenauer Tals gehörte, enthält einen eigenen
Abschnitt „Vom Todten-Bestattigen". Die zwei nächsten Nachbarn sollten
selbst oder mit Hiljf ihrer Weiber den todten Leichnam nach Gewohnheit
anthun und in den Todtenbaum legen. Die beiden anderen Nachbarn hatten
inzwischen das Grab auszuheben. Zusammen sollten sie die Leiche zu
Grabe tragen. Falls der Weg zum Friedhof zu weit sei, sollte ein weiterer
Nachbar mit Roß und Karch den Leichnam zum Friedhof fahren. Der
Heimburger, der Vorsteher der Dorfgenossenschaft, musste mit weiteren
Dorfgenossen Grabkreuz, Tragkreuz, Weihwasserkessel und Rauchfass
tragen. Aus jedem Haus sollte ein „opferbarer" (erwachsener) Mensch sich
an der Beerdigung beteiligen.32

Die Tatsache, dass die Höfe im Ringelbacher Tal zu drei verschiedenen
bischöflichen Gerichten (Kappel, Oberkirch, Ulm) gehörten, war der
Grund für die Entstehung einer genossenschaftlichen Ordnung. In der von
1762 und 1770 überlieferten Version wurden alle gemeinschaftlichen Angelegenheiten
geregelt, so auch das Bestattungswesen. Darin fanden sich
ähnliche Regelungen wie in der Appenweierer Gerichtsordnung. Zwei
Nachbarn sollten den Baum machen und den Toten hineinlegen, zwei andere
das Grab machen und den Leichentransport übernehmen. Die Leichen-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2005/0104