Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 165
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Die Glocken der Heimat -

Josef Sauer und das Unzhurster Geläute

Wilfried Lienhard

Es ist eine Beerdigung, wie sie Unzhurst noch nie zuvor gesehen hat. In
der Pfarrkirche St. Cyriak haben sich 45 Geistliche versammelt; in den harten
Holzbänken sitzen nicht nur zahlreiche Gläubige aus dem Ort, Größen
der Wissenschaft sind da, Professoren, Doktoren, und alle sind sie an diesem
Apriltag 1949 hier, um Abschied zu nehmen von einem der Ihren. Das
gilt für den einfachen Mann aus dem Dorf wie den gelehrten Professor aus
der Universitätsstadt. Denn Josef Sauer, der in der Nacht zum 13. April gestorben
ist, hat Zeit seines Lebens scheinbar mühelos den Spagat zwischen
bäuerlicher Herkunft und ruhmüberhäufter Laufbahn vollbracht. Der Unzhurster
Bauernsohn ist zum Freiburger Universitätsrektor und Päpstlichen
Hausprälat aufgestiegen, und doch zeigte seine innere Kompassnadel immer
in die Heimat, der er zur Lichtgestalt wurde. 1948, am Cyriaksfest, hat
die Gemeinde ihren großen Sohn zum Ehrenbürger ernannt. Wissenschaftler
, Professoren, Freunde - sie fassen in Worte, was Sauer im Leben geleistet
hat. Die Beerdigung selbst zelebriert Dekan Prälat Josef Fischer aus
Bühl, der „dem geistig großen Sohn unserer mittelbadischen Heimat ein
Wort der Pietät widmete für all seine Leistungen und besonders für die
Liebe und Treue seiner Heimat gegenüber."1

Dass nur zwei einsame Glöckchen auf dem Kirchturm läuten, als sich
der Trauerzug von der Kirche hinauf zum Friedhof bewegt, ist eine böse
Ironie. Keiner hat die Unzhurster Glocken so gut gekannt wie Josef Sauer,
und wohl kaum einer im Land hat in zwei Weltkriegen so viel Kraft investiert
, um den Zugriff der Militärs auf die Glocken zu verhindern - nicht
immer mit Erfolg, aber immer mit großer Leidenschaft. Aufgewachsen als
Sohn einer Landwirtsfamilie, hat Sauer früh erkannt, wie bitterer Schweiß
das tägliche Brot tränkt. Der Landmann, er bestellt seine Felder, säet, erntet
, rackert, schuftet, und wohl oft ist Josef Sauer als Kind hinausgezogen
auf das Feld, wenn die Glocken vom Turm am Morgen den „Engel des
Herrn" lobten, um seinem Vater, der mit dem ersten Sonnenlicht die Arbeit
begonnen hat, das Frühstück zu bringen. Die Familie Sauer ist eine wie
viele andere auch in Unzhurst. Sie führt ein kleinbäuerlich geprägtes, von
nie enden wollender Arbeit gekennzeichnetes Leben. Hof, Besitz und Einkommen
sind guter Durchschnitt im Dorf2 - wofür Vater Ferdinand und
Mutter Theresia aber stets den „Buckel krumm machen" müssen. Ferdinand
Sauer heiratet im September 1871 in Unzhurst Theresia Höss, die
zehn Kinder zur Welt bringt,3 und gleich das erste, am 7. Juni 1872 gebo-


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