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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 175
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Die Glocken der Heimat - Josef Sauer und das Unzhurster Geläute

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men aus dem Tabakverkauf für die Glockenbeschaffung, „soweit seine
Verhältnisse dies erlauben." Auch wer keinen Tabak pflanzt, soll durch
außerordentliche Sammlungen beitragen. Mit ganz wenigen Ausnahmen
gibt jeder Pflanzer seine fünf Prozent ab.47

Bei der Suche nach dem geeigneten Gießer wird Pfarrer Weber in Heidelberg
fündig. Friedrich Wilhelm Schilling entstammt einer alten Glockengießerfamilie
aus dem thüringischen Apolda. Geboren am 2. September
1914 als Sohn von Wolfgang Otto Schilling, gießt er zwölfjährig seine
erste Glocke in der elterlichen Werkstätte. Mit 18 Jahren geht er, vom Vater
geschickt, in die Schweiz, um sich in anderen Betrieben umzusehen
und die Ausbildung zu ergänzen. 1933 legt Schilling in Staad bei Friedrich
Hamm die inoffizielle Meisterprüfung ab; inoffiziell deshalb, weil nie ein
Eintrag in eine Handwerkerrolle erfolgt, Schilling den Meistertitel auch nie
führt. Der junge Glockengießer kehrt zurück nach Apolda und arbeitet im
elterlichen Betrieb mit. Im Sommer 1946 setzt ihn die britische Besatzungsmacht
im zonenübergreifenden „Ausschuß für die Rückführung der
Glocken (ARG) e.V." als Glockenkustos ein; er ist einer der Treuhänder
und Verwalter des deutschen Glockenlagers in Hamburg.48 Zu seinen Aufgaben
gehören Inventarisierung und Rückführung der Glocken 49 Bis 1949
bleibt Schilling in Hamburg. Doch schon hier bereitet er die Gründung einer
eigenen Gießerei vor. Durch Kontakte mit dem Heidelberger Stadtrat
und Architekten Erhard Fehrer, einem Vertreter der väterlichen Gießerei in
Apolda, findet Schilling ein passendes Gelände in Heidelberg. In der Römerstraße
beginnt die Geschichte der Glockengießerei Friedrich Wilhelm
Schilling. Aus dem Nichts heraus baut Schilling das Werk auf. Sein Gewerbe
meldet er bei der Stadt Heidelberg zum 8. April 1949 an.50

Bis zu Schillings plötzlichem Tod am 6. Juni 1971 entstehen ungeheuer
viele Glocken in Heidelberg. Der Schwerpunkt liegt naturgemäß in den
Anfangsjahren, als viele Gemeinden kompensieren wollen, was ihnen die
Nazi-Schergen geraubt haben.51 Im ganzen Bundesgebiet ist Schilling begehrt
; seine größte Glocke gießt er mit 10.300 Kilogramm für die Marktkirche
in Hannover, weitere Glocken Schillings läuten im Dom zu Würzburg
, in St. Stephan Karlsruhe und in den Münsterkirchen Freiburg und
Konstanz.52 Doch nicht nur das: Schilling-Glocken finden sich auf allen
Kontinenten. Die meisten Glocken, nämlich 63, liefert er auf die Philippinen
, in Frankreich, hauptsächlich im Elsass, läuten 47 Schilling-Werke.53
Zahlreich sind die Lobesworte für Schilling: „Schillings Gießerei ist die
berühmteste der Welt", urteilt rückblickend 1982 ein Konkurrent.54

All das macht deutlich: Unzhurst hat sich die erste Adresse im Land
ausgesucht, wenn es um den Glockenguss geht. Schilling war der bedeutendste
deutsche Glockengießer der Nachkriegszeit. Im Herbst 1949 steht
Weber in regem Kontakt mit Schilling. Am 26. September berichtet er ihm
vom laut gewordenen Wunsch, zur ges-as-b-des-Disposition noch eine et-


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