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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 177
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Die Glocken der Heimat - Josef Sauer und das Unzhurster Geläute

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fen."64 Aus Thüringen hat Schilling, der nach den Methoden der alten
Meister arbeitet, Familienrezepte mitgebracht, „und er verwandte nach wie
vor den alten Holzflammenofen im Gegensatz zu vielen Gießereien, die
auf Öl umstellten."65

Noch bevor die Glockenweihe stattfindet, gratuliert Professor Otto
Schäfer. Am 29. September 1950, nachdem er die Glocken in Heidelberg
geprüft hat, schreibt der Erzbischöfliche Glockeninspektor an Weber: „Das
analytische Ergebnis war durchaus beglückend", der innerharmonische
Aufbau aller Glocken sei ausgezeichnet. Auch die Nachhallzeiten befriedigten
sehr. Beim Anschlagen aller Glocken zeige sich, dass die Stimmungslinie
sehr gut getroffen sei. Fazit: „Mit großer Freude und Genugtuung
und ohne jeden Vorbehalt gebe ich diese Glocken zur Weihe und zur
Montage frei."66

Am 29. September 1950 ist es so weit: Die Glocken kommen. Fuhrunternehmer
Albert Ibach holt sie mit seinem Lastkraftwagen in Heidelberg
ab. „Aber so einfach und billig wollten die Unzhurster ihre neuen
Glocken nicht haben. Nach alter Väter Sitte mußte dieser Feiertage seine
Umrahmung und sein Gepräge haben."67 Geschmückte Pferde, Reiter und
Wagen, in Kutschen der Bürgermeister, die Gemeinde- und Stiftungsräte -
so geht es von Bühl, wo die Glocken auf die Pferdewagen verladen werden
, nach Unzhurst. Bei herrlichem Herbstwetter und dem Geläute der
Bühler Glocken „und dem Staunen der Leute an den Straßen" nimmt der
Zug über Oberweier und Balzhofen Kurs auf Zell, wo Pfarrer Weber und
die Schuljugend schon warten, um die Schlussetappe durch Oberwasser
zur Kirche zu begleiten. „Das ganze Dorf war auf den Beinen. Von den
kleinsten Kindern auf den Armen der Mütter bis zum ältesten Greis. Die
Arbeit ruhte an diesem Tag." Musikverein, Gesangverein, Kirchenchor und
Schulkinder wirken mit.68 In Webers Notizen für den Empfang erwähnt er
das lange Warten auf die Glocken. Wochenlang habe es keine Uhr gegeben
, monatelang keinen Stundenschlag - da sei es kein Wunder, wenn
manche zu spät zur Kirche kamen. Doch die Unzhurster seien wohl glückliche
Leute: Dem Glücklichen schlägt keine Stunde. Weber will an alte
Glocken und die alte Kirche erinnern, ebenso an die Neuläng-Sage.69 Im
„Neuläng", berichtet 1898 Franz Karl Maurath, soll eine silberne Glocke
vergraben sein, die man früher im Advent oder an hohen Kirchenfesten unter
der Erde habe läuten hören.70 Diese Sage wird auch in Sasbachried erzählt
. Die Einwohner von Malchhurst hätten im Dreißigjährigen Krieg
Angst gehabt, die Soldaten könnten die Glocke aus der Kapelle als Kriegsbeute
entführen. Deshalb nahmen sie sie selbst vom Turm und vergruben
sie in einem Feld neben dem Weg unterhalb des Orts. Einmal hätten sich
ein paar Männer daran gemacht, die Glocke zu heben. Diese Arbeit musste
still geschehen. Als einer der Männer beim Heben der Glocke aufgeregt
rief: „Jetzt noch e bissl", versank die Glocke sofort wieder in den Boden


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