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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 275
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275

Ein „Kapellensturm" in der großherzoglich-badischen
Ortenau1

Martin Ruch

Das Großherzoglich-badische provisorische Regierungs-und Kammerprotokoll
vom 6. Juni 1807 hielt folgenden Sachverhalt fest: „... dass nach der
Verordnung des höchstseligen Kaisers Joseph alle überflüssigen Kapellen
in Breisgau und Ortenau aufgehoben und ihr Vermögen zum Religionsfond
gezogen werden, daher die Zahl, Besonderheit und Vermögensstand aller
überflüssigen Kapellen zu erheben und bei jeder die Bemerkung beizufügen
sei, zu was für einen Gebrauch die Gebäude derselben bestimmt werden
könnten."

Der österreichische Kaiser Joseph II. (1741-1790, Kaiser seit 1765) ist
in die Geschichte eingegangen als Vertreter eines „aufgeklärten" Absolutismus
, auch in Religionssachen. „Aufklärung" meinte in diesem Kontext
allerdings eine recht hochmütige Gesinnung den alltäglichen und volkstümlichen
Glaubenseinstellungen gegenüber. Man hielt Votivtafeln und
Wallfahrten, fromme Gebete und Bräuche für nicht mehr zeitgemäß, ja, für
letztlich einer modernen Religionsausübung nicht dienlich. In der katholischen
Kirche gab es strenge Vertreter dieser „aufgeklärten" Richtung, die
per Edikt dem Zeitgeist zum Erfolg verhelfen wollten. Das Volk selbst
wurde nicht gefragt. Seine Traditionen in Sachen Frömmigkeit wurden
herablassend behandelt, wurden nicht ernst genommen.

Eine Akte im Staatsarchiv Freiburg informiert über einige Ortenauer
Kapellen, die im 1803 gegründeten Großherzogtum Baden nicht mehr erwünscht
waren und daher verschwinden sollten. Die Pfarrkirchen sollten
die alleinigen Orte der Religion sein. Aus den Texten geht jedoch hervor,
dass man sich die rigorose Behandlung nicht so ohne Weiteres gefallen lassen
wollte. Die Dokumente sind somit auch Belege eines vorsichtigen
Widerstandes.

Für die St. Wendelin-Kapelle bei Nussbach lässt sich feststellen, dass
ihre Schließung schon in der vorderösterreichischen Zeit, also vor 1803,
betrieben, jedoch subversiv verhindert worden war. Das Wallfahrtsbild
selbst sollte schon 1789 in die Nussbacher Pfarrkirche versetzt werden.
Doch das ist nicht geschehen:2

„Gehorsamster Bericht der Vogtey Appenweyer 13. Juli 1807: Die St.
Wendelins Kapelle im Rohrbach ist noch niemal geschlossen, auch das
Wallfahrtsbild nicht in die Pfarrkirche nach Nussbach, ungeachtet alle Vorkehrungen
hierzu getroffen gewesen, übersetzt worden, weil das bischöfl.


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